Sächsische Knabenchöre in Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen

Dresdner Kapellknaben, Dresdner Kreuzchor, Thomanerchor Leipzig

Dresden/Berlin, 10.04.2015: Am 16. März 2015 wurden in Berlin die Träger der ersten 27 Traditionen und Wissensformen im bundesweiten Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes ausgezeichnet, darunter die Dresdner Kapellknaben in der Kategorie "Sächsische Knabenchöre". Eine entsprechende Urkunde erhielten die Vertreter der Initiativen und Vereine von der Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters.Die Dresdner Kapellknaben. Stephan Zimmer, Präsident der Stiftung Musica Sacra Saxoniae, nahm die Auszeichnung stellvertretend für die drei sächsischen Knabenchöre entgegen.

"Das immaterielle Kulturerbe muss in den Köpfen und Herzen fortbestehen, um erhalten zu bleiben", sagte Grütters in der Landesvertretung Schleswig-Holstein in Berlin. "Ohne Menschen, die Traditionen leben, geht es nicht – und ohne gesellschaftliche Wertschätzung für diejenigen, die Traditionen leben, werden es immer weniger. Das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes sorgt für Wertschätzung, indem es uns bewusst macht, dass unser Reichtum nicht allein in unserem Wohlstand begründet liegt, sondern auch in der Vielfalt unserer Kultur", so Grütters.

Seit 2003 entwickelt sich das UNESCO-Übereinkommen zu einer Plattform für den Erhalt von gelebten Traditionen und Wissensformen. Das bundesweite Verzeichnis soll die Vielfalt an kulturellen Ausdrucksformen abbilden – von Festen über Künste bis zu Naturwissen und Organisationsformen in und aus Deutschland. "Die ersten Einträge zeigen eindrucksvoll, was für Schätze unsere Alltagskultur zu bieten hat", sagte Brunhild Kurth, Präsidentin der Kultusministerkonferenz und sächsische Kultusministerin. "Die jetzt ausgezeichneten Traditionen stehen für die Kreativität der Menschen in den Regionen und sind Ausdruck ihres sozialen Zusammenhalts."


Sächsische Knabenchöre
(Aufnahmejahr: 2014)

In vielen Teilen Deutschlands wie auch in anderen Staaten, z.B. in Großbritannien, gibt es Knabenchöre von langer Tradition und besonderer Klasse. Seit dem 13. Jahrhundert bestehen auch in Sachsen drei Knabenchöre mit der Hauptaufgabe, Gottesdienste musikalisch zu gestalten. Diese sind der Thomanerchor an der Thomaskirche in Leipzig, der Kreuzchor an der Kreuzkirche in Dresden und die Dresdner Kapellknaben an der Kathedrale bzw. ehemaligen Hofkirche in Dresden.

Der spezifische Klang des Knabenchors, bei dem die Sopran- und Altstimmen von Knaben, die Tenor- und Bassstimmen von jungen Männern gesungen werden, wurde unter Förderung durch die kursächsischen Landesherren und die sächsischen Städte seit dem 16. Jahrhundert von hochrangigen Musikern geleitet, die eigens dafür Werke unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen akustischen Bedingungen schufen. Dies gilt für die Motetten und geistlichen Chorwerke des Dresdner Hofkapellmeisters Heinrich Schütz oder die Kantaten und Oratorien des Thomaskantors Johann Sebastian Bach in Leipzig. Diese Tradition wurde in den folgenden Jahrhunderten von Thomaskantoren, Kreuzkantoren und Hofkapellmeistern fortgeführt. Die drei Knabenchöre sind auch heute noch ihren früheren Kantoren und Kapellmeistern besonders verpflichtet und führen die musikalische Tradition in individueller Schwerpunktsetzung fort. Ergänzt wird die Traditionspflege durch Aufführungen neuer Werke, die speziell für den jeweiligen Chor komponiert werden. Die musikalischen Leiter dieser Chöre treten auch heute mit eigenen Kompositionen hervor, prominentes Beispiel ist der frühere Kreuzkantor Rudolf Mauersberger.

Ungeachtet der nach der Reformation unterschiedlichen liturgischen Verpflichtungen verlief die musikalische Entwicklung aller drei Chöre vergleichsweise parallel. Für die Auswahl der musikalischen Leiter und die zur Aufführung gelangenden Komponisten waren konfessionelle Überlegungen nicht vordergründig. Die drei sächsischen Knabenchöre haben die politischen Umbrüche und Systemwechsel des 20. Jahrhunderts überstanden. Alle drei Chöre unterhalten jeweils ein Internat und sind mit einem Gymnasium verbunden, an denen jeweils zwischen 100 und 150 aktive Sänger im Alter zwischen zehn und 19 Jahren unterrichtet und ausgebildet werden. Die Sänger werden nach Maßstab des Talents ausgewählt, konfessionelle oder religiöse Vorgaben gibt es nicht.

Der liturgische Gesang spielt für die Knabenchöre heutzutage nach wie vor eine wesentliche Rolle. Die Kreuzchorvespern und die Gottesdienste in der Dresdner Hofkirche mit den Kapellknaben ziehen jedes Jahr zehntausende von Zuhörern an, ebenso wie die Motetten- und Oratorienaufführungen sowie Gottesdienste der Thomaner in Leipzig. Die Chöre sind ein Bestandteil des Musiklebens ihrer Stadt und werden durch zahlreiche Einladungen zu Auslandsreisen auch international beachtet.


www.kapellknaben.de
www.musica-sacra-saxoniae.de



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