Von einem Lichtträger

Predigt von Domdekan Klemens Ullmann im Gottesdienst für den seligen Alojs Andritzki am 3. Februar 2015 in der Kathedrale Dresden

Liebe Gemeinde!Alojs Andritzki

Gestern haben wir Lichtmess gefeiert:
Wir haben brennende Kerzen in die Hand genommen und sind singend durch die Kirche gezogen: „Christus, das Licht zur Erleuchtung der Heiden!“

Heute feiern wir den seligen Märtyrerpriester Alojs Andritzki:
Einen Lichtträger. Er ist Christus, dem Licht, bedingungslos gefolgt: als junger Mensch, als Priester, als Gefangener eines Unrechtssystems und als Märtyrer.

Ja, er wollte Lichtträger sein. 
In einem Brief schreibt er: 
„Wenn sich die Zeiten wieder normalisieren, dann möchte ich das Reich Gottes als Flieger in alle Enden der Welt tragen.“ Er wollte das Evangelium wie eine Leuchte weitertragen, damit die Menschen in den Dunkelheiten der Welt Richtung und Orientierung finden.

Er wurde Lichtträger, freilich in einer ganz anderen Situation:
- nämlich in Gefangenschaft,
- bei Schwerstarbeit auf den Plantagen des KZ Dachau,
- in Hunger, Todesbedrohung, Krankheit und Tod.

Sein Mitgefangener Pater Maurus Münch OSB schreibt später:
„Wer ihm am Morgen begegnete, war für den ganzen Tag froh“. Das war nicht nur sein frohes, jugendliches Naturell, sondern seine Christusverbundenheit, aus der heraus er lebte.

Wenn man die Briefe liest, die Alojs Andritzki aus der Polizeihaft und aus dem KZ geschrieben hat, dann erfährt man etwas von dem tiefen Glauben, der ihn von klein auf geformt hat und der ihm Licht auch in den dunkelsten Stunden des Grauens war.

Hier in Dresden, in dieser Gemeinde, in dieser Kirche, war seine einzige Stätte priesterlichen Wirkens. Für nicht einmal zwei Jahre war er Kaplan an der Hofkirche, Präfekt bei den Kapellknaben und Präses der Kolpingfamilie. Im Januar 1941 wurde er verhaftet und nach dem sogenannten „Heimtückegesetz“ wegen „Volksverhetzung“ zu sechs Monaten Haft  verurteilt. Unmittelbar danach brachte ihn die Gestapo ins KZ Dachau, wo allein aus unserem Bistum 12 Priester inhaftiert waren. 
 
Sie haben erfüllt, was Jesus in den Seligpreisungen verheißen hat:
„Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleugnet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.“ (Mt, 5,11-12a)

Alojs ist wie so viele im Januar 1943 an Hungertyphus erkrankt und kam auf den gefürchteten Invalidenblock. Wahrscheinlich wurde er dort von einem Wärter durch eine Giftspritze getötet. Nach seinem Tod wurde die Urne mit Asche aus dem Krematorium Dachau auf dem Alten Katholischen Friedhof in Dresden beigesetzt.
In der Priestergruft des Friedhofs in Dresden - Friedrichstadt waren damals schon die Urnen von Pfarrer Aloys Scholze aus Leutersdorf und die des Diözesanjugendseelsorgers Bernhard Wensch beigesetzt, die ebenfalls in Dachau an Hungertyphus gestorben sind.

Alojs Andritzki schrieb nach dem Tod von Bernhard Wensch in einem Brief im August 1942:
 „Lasst uns Gott danken, dass Er uns berufen hat zur ewigen Herrlichkeit, und wenn unser irdischer Weg beendet ist, dürfen wir dann in die herrlichen Wohnungen Gottes eintreten. Gerade dieses Besitzergreifen des ewigen Erbes lässt uns allen Schmerz überwinden, den der Tod uns unter unseren Lieben sät.“

Vor 4 Jahren haben wir am Todestag von Alojs die Urnen feierlich durch Dresden hierher in die Kathedrale getragen. Dieser Zug vom Polizeipräsidium zur Kathedrale war ein Zeugnis unseres christlichen Glaubens, so wie ihn die Märtyrerpriester gelebt und für den sie ihr Leben hingegeben haben.

Wenn wir heute das Fest unseres Seligen Märtyrers Alojs feiern, dann ist das nicht nur Erinnerung, sondern auch Aufruf: Zeugnis für Christus zu geben, dem „Licht zur Erleuchtung der Heiden“! Licht in die Dunkelheiten unserer Zeit zu tragen.
 



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