Basiswissen um Abläufe beim Sterben in Vergessenheit geraten

Podiumsdiskussion beschäftigte sich in Dresden mit dem Thema "Sterben in Würde"

Dresden, 22.04.2015: Gut besucht war eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Sterben in Würde“ am Montag Abend, 20. April, im Deutschen Hygiene-Museum Dresden. Rund 190 Gäste informierten sich über Erfahrungen, Fragen und Standpunkte zu diesem Thema.

In einer dichten, sehr praxisbezogenen Diskussion nahmen Vertreterinnen und Vertreter von Sterbebegleitenden, Ärzteschaft, Pflegenden und Angehörigen dazu Stellung. Dr. Sylvia Schneider, Leitende Oberärztin in Chemnitz-Rabenstein und Vorsitzende des Landesverbandes für Hospizarbeit und Palliativmedizin Sachsen e.V., machte anhand ihrer eigenen beruflichen Biografie deutlich, dass sich der Umgang mit dem Sterben auch im Klinikbereich fundamental gewandelt habe. Sterbende würden längst nicht mehr in den Waschraum geschoben; vielmehr stehe heute das Ziel im Vordergrund, auf ihre spezifischen Bedürfnisse einzugehen.

Enges Zeitbudget erschwert Pflegekräften Hilfestellungen

Dass auch gute Sterbebegleitung ihre Grenzen habe, machte Maria-Anna Feydt, Seelsorgerin am Dresdner St. Joseph-Stift, deutlich. Dies sei etwa dann der Fall, wenn ein Patient der Seelsorge zwar als gesprächsbedürftig vermittelt werde, dieser aber selbst nicht reden und sich mitteilen möchte. Sie respektiere die Wünsche des Patienten, versuche hier aber vielleicht vor allem die Angehörigen zu begleiten und zu stützen. Mit Blick auf das geeignete Umfeld Sterbender plädierte Seelsorgerin Feydt dafür, jede Situation jeweils individuell einzuschätzen. Für manche sei es hilfreicher, im Krankenhaus oder Heim zu sterben, für andere zu Hause, so Feydt.

Anka Velde, Geschäftsführerin der Ökumenischen Seniorenhilfe Dresden e.V., benannte für den Bereich der Sozialstationen und der ambulanten Pflege das knappe Zeitbudget als Problem; nicht jeder Patient reagiere verständnisvoll, wenn eine Pflegekraft verspätet komme, weil sie zuvor einem Sterbenskranken mehr Zeit als eingeplant gewidmet hatte. Ein „Sterben daheim“ sei nicht zuletzt auch deshalb oft kaum möglich, weil die Pflegekräfte verpflichtet seien, schwerkranke Menschen bei akuten Symptomverschlechterungen ins Krankenhaus zu bringen. Mitunter sterbe der Pflegebedürftige dort dann am nächsten Tag, hätte vielleicht aber lieber zu Hause die Augen schließen wollen. Ein echtes Dilemma, so die Vertreterin der ambulanten Pflege.

In einem Punkt herrschte unter den Podiumsgästen unisono eine Meinung. So sei es wichtig, Betroffenen und Angehörigen ein Basiswissen um konkrete Vorgänge und Abläufe beim Sterben zu vermitteln. Hier herrsche nach wie vor viel Unkenntnis in der Bevölkerung. So sei ein „Weniger-werden“ nur natürlich, etwa bei der Nahrungsaufnahme, wie Stephan Kothe vom Pflegestift Oberland in Ebersbach-Neugersdorf deutlich machte. Sterbenskranke hörten nicht selten von ihren Angehörigen „Du musst essen…“ und seien dadurch zwangsläufig überfordert.

Versöhnung ermöglichen

Auch der Aspekt „Versöhnung“ erhielt einen eigenen Schwerpunkt in der Diskussionsrunde. So versuche die Sterbebegleitung zu helfen, dass jeder Betroffene in guter Weise Abschied nehmen könne, vielleicht auch Ungeklärtes und Konflikthaftes noch klären könne. In manchen Situationen – etwa beim Schicksal jüngerer Krebspatienten – sei dagegen eine echte Versöhnung kaum möglich; hier gehe es mehr darum, den Sterbenskranken darin zu unterstützen, das Unausweichliche, Schicksalhafte anzunehmen und es vielleicht gemeinsam zu betrauern und zu beklagen.

Eindrucksvoll waren auch die Ausführungen der beiden Gäste auf dem „roten Sofa“. Ein Angehöriger berichtete von seinen persönlichen Empfindungen und Erfahrungen beim Sterben seines Vaters, der von einem ambulanten Palliativteam unterstützt wurde. Ein Mitarbeiter aus der Bildungsabteilung des Museums stellte ein Projekt mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor, die sich mit ethischen Fragen und so auch mit Sterben und Tod auseinander setzen und sich dabei emotional stark in das Thema einbringen.

Zu der Podiumsdiskussion im Rahmen der bundesweiten ökumenischen „Woche für das Leben“ hatten das Deutsche Hygiene-Museum Dresden, die Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen sowie die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens und das katholische Bistum Dresden-Meißen gemeinsam eingeladen.

Seit 25 Jahren engagieren sich die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland in jedem Frühjahr mit der „Woche für das Leben“ für Wert und Würde des menschlichen Lebens und für seinen Schutz in allen Lebensphasen. In diesem Jahr findet die „Woche für das Leben“ auf Initiative der katholischen und der evangelischen Kirche bundesweit vom 18. bis 25. April statt. Mehr Informationen unter www.woche-fuer-das-leben.de

MM / MB  

Die Veranstaltung wurde durch das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz gefördert.



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