Wallfahrer pilgerten zum 150. Jubiläum nach Philippsdorf

am 13. Januar 2016

Philippsdorf/Filipov (Tschechien), 14.01.2016: Zum 150. Mal jährte sich am 13. Januar 2016 der Jahrestag der Marienerscheinung im Wallfahrtsort Filipov (Philippsdorf) in Tschechien, das unmittelbar an das sächsische Neugersdorf angrenzt. Hunderte Wallfahrer aus nah und fern hatten sich aus diesem Anlass auf den Weg zur dortigen Basilika gemacht, die auch als "böhmisches Lourdes" gerühmt wird.

Wir dokumentieren die Predigt des Görlitzer Bischofs Wolfgang Ipolt zu diesem Tag:

Liebe Wallfahrerinnen und Wallfahrer!
Liebe Mitglieder und Freunde der Ackermann-Gemeinde!
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Es gibt Augenblicke im Leben, die vergisst man nicht. Da kann man noch genau den Pflasterstein zeigen, wo das passiert ist oder die Uhrzeit nennen. Das können schlimme Ereignisse sein, wie z. B. ein Verkehrsunfall. Der Autofahrer wird noch nach vielen Jahren die Stelle zeigen können, wo er einen Unfall hatte und noch einmal gut davon gekommen ist. Oft sind es aber – Gott sei Dank! - frohe Ereignisse, an die wir uns genau erinnern: Ehepaare kehren gern an den Ort zurück, wo sie sich kennen gelernt haben oder sich im Stillen verlobt haben. Manch einer kennt die Kirche, in der er oder sie eine geistliche Berufung gefunden haben. Und es kommen einem Worte in den Sinn, die damals gesprochen wurden und werden in Erinnerung gerufen – Worte an solchen Schnittstellen des Lebens vergisst man nicht, sie prägen uns oft das ganze Leben. Das Ereignis selbst liegt in der Vergangenheit – aber wir kommen durch den Ort und die Worte, an die wir uns erinnern, immer wieder neu damit in Berührung.

So ist das auch hier und heute: 13. Januar 1866 – 4:00 Uhr – vor genau 150 Jahren wird die junge Frau Magdalena Kaden geheilt als ihr die Mutter Gottes erschien und seitdem versammeln sich an diesem Ort zur gleichen Stunde gläubige Menschen, die die dieses Ereignis nicht vergessen wollen.

Marienstatue in der Philippsdorfer BasilikaDie Erscheinung war zunächst ein Gnadengeschenk Gottes für einen Menschen – aber viele nehmen seitdem durch die Wallfahrt daran Anteil, weil sie im Glauben entdecken: Dass Maria die junge Frau heilt, ist ein Zeichen für uns alle: Gott, Maria und die Heiligen sind uns nicht fern! Sie bleiben uns nahe. Sie können auch in unser irdisches Leben einbrechen (damit sollten wir zumindest rechnen…!), sie können uns etwas zeigen oder uns auf etwas hinweisen.
Gott ist ein naher Gott. Das haben wir an Weihnachten gerade gefeiert. Er ist ein Immanuel – Gott mit uns! Und wenn Maria „Mutter der Kirche“ und „Heil der Kranken“ genannt wird, dann drückt das doch aus, dass sie es für immer bleibt. Ab und zu muss uns wohl Gott selbst daran erinnern - das kann auch einmal durch eine solche außergewöhnliche Heilung geschehen.

Liebe Schwestern und Brüder, ich gebe es unumwunden zu: Für mich ist es mindestens ein genauso großes Wunder, zu sehen, was aus der Heilung an einem Menschen geworden ist – eine jahrzehntelange Bewegung von Wallfahrten, die nun schon 150 Jahre andauert, eine Bewegung des Glaubens und der Verehrung der Gottesmutter. Menschen kommen immer wieder mit Vertrauen und Zuversicht hierher und erbitten sich Heilung für Leib und Seele. Dafür sollten wir heute ganz besonders danken. Der Tag, die Uhrzeit, der Ort – das alles sind die „Haltegriffe“, damit wir die eine Großtat nicht vergessen – und daran erinnert man sich am besten in einer großen Gemeinde wie dieser, die heute hier versammelt ist.

Dieser Tag, der 13. Januar,  ist zugleich auch der Gründungstag der Ackermann-Gemeinde vor 70 Jahren in München. Auch das gehört zu den Wundern von Filipóv: Schon kurz nach dem unseligen 2. Weltkrieg haben sich Menschen an diesem Tag in München zusammengefunden, um den Weg der Versöhnung einzuschlagen und dafür zu werben. Sie wollten, dass aus einer Feindschaft zwischen Völkern eine neue Nachbarschaft wird, dass aus dem sich gegenseitig zugefügten Leid ein neuer Anfang des Miteinanders im gemeinsamen Haus Europa wächst. (Auch die Gründung von Sdruženi Ackermann-Gemeinde im Jahre 1999 ist eine schöne Frucht dieses Weges unserer beiden Völker!).

Liebe Schwestern und Brüder, es ist also gar nicht so, dass wir heute hier nur an ein einziges Wunder denken – wir denken an viele andere kleine und große Wunder, die mit diesem Ort und mit diesem Tag verbunden sind und die Gott in den Menschen gewirkt hat, die sich in den letzten 150 Jahren hier versammelt haben.

Als Maria zur ihrer Verwandten Elisabeth geht (wir hörten davon im Evangelium), wird sie in feierlicher Weise und mit Freude in ihrem Haus begrüßt. Das, was uns der Evangelist Lukas überliefert, hört sich an wie eine große Gratulation, ein Lob, das Elisabeth über Maria laut werden lässt. Sie spürt: Hier begegnet mir jemand, der es mit Gott zu tun hat. Darum sagt sie auch über Maria: „Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.“ (Lk 1, 45). Was kann man schöneres über einen Menschen sagen als: Du bist selig, weil du glaubst – weil du Gott etwas zutraust! Du bist selig, weil du – wie Maria – ja sagen kannst zu dem, was Gott will! Solcher Glaube hat in all den Jahrzehnten Menschen hierher nach Philippsdorf geführt. Sie haben sich geöffnet für diesen Gott und er konnte sie berühren – wer weiß, wie viele Wunder da ganz im Verborgenen geschehen sind…?!  Wir sollten darum auch ab und zu voller Freude zu unseren Mitchristen das sagen: Schön, dass du, wie ich, glauben kannst! Ich bin froh, dass ich dich – meinen katholischen Ehepartner, meinen Freund, meine katholische Nachbarin… habe – das stärkt mich, und das sollten wir gemeinsam zum Zeugnis für andere machen. Ich bin sicher: Dann werden sich auch in Zukunft noch viele Wunder ereignen, die Gott mit unserer Hilfe bewirken kann. Amen.




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