"Wie wollen Sie hier Kirche leben?"

150 Gemeindevertreter aus elf Verantwortungsgemeinschaften nehmen an Informationsabend zum Erkundungsprozess teil

Gut gefüllt war der Große Saal des Bischöflichen Ordinariats zur jüngsten Informationsveranstaltung zum Erkundungsprozess. Fotos: Michael Baudisch

Gut gefüllt war der Große Saal des Bischöflichen Ordinariats zur jüngsten Informationsveranstaltung zum Erkundungsprozess. Fotos: Michael Baudisch

Dresden, 18.03.2016 (KPI): Freitagabend in Dresden. Während sich in der Weißen Gasse und der Louisenstraße allmählich in Restaurants und Lokalen die Sitzplätze füllen, an Kinokassen Tickets über den Tresen gereicht werden und hinter so mancher Fensterscheibe „Leute heute“ im Fernseher läuft, füllt sich zu abendlicher Stunde das Foyer des Bischöflichen Ordinariats am Käthe-Kollwitz-Ufer. Bereits zum zweiten Mal sind PrIm Foyer des Ordinariats nutzten die Gäste bei Kaffee und Käsebrötchen die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch.iester, Gemeindereferenten, Kirchen- und Pfarrgemeinderäte, Mitglieder aus Steuerungsgruppen und weitere Kirchenmitarbeiter aus einem knappen Dutzend Verantwortungs-gemeinschaften nach Dresden eingeladen. Rund 150 engagierte Katholiken versammeln sich nun unter den Augen der Metallskulptur des heiligen Benno im Foyer der Verwaltungszentrale des Bistums Dresden-Meißen.

Sinn des Treffens: die häufig sehr komplexen Fragen rund um die Planungen zum zukünftigen Personaleinsatz, zur Aufteilung der kirchlichen Finanzmittel und zur vorgesehenen Gebäudenutzung der einzelnen Regionen ausgiebig zu besprechen. Gleichzeitig sollen die pastoralen Herausforderungen der Gemeinden nicht aus dem Bick verloren werden. An diesem Abend sind dazu Mitgestalter aus elf Verantwortungsgemeinschaften angereist. Der Pastoralraum „Bischofswerda – Kamenz – Radeberg“ ist ebenso vor Ort wie „Pirna – Bad Schandau – Königstein – Neustadt – Sebnitz – Heidenau“ oder „Bad Lobenstein – Greiz – Zeulenroda“. Mit einem halben Dutzend Teilnehmern sind die kleinsten Gruppen vertreten. Den Heimvorteil hat die Verantwortungsgemeinschaft „Dresden Neustadt – Pieschen –Weißer Hirsch“ genutzt. Sie stellt mit sechs haupt- und 27 ehrenamtlichen Mitarbeitern die stärkste Abordnung des Abends.

Ermutigt die Gemeinden, den pastoralen Gedanken über Strukturfragen nicht aus dem Blick zu verlieren: Hauptabteilungsleiterin Elisabeth Neuhaus.

Ermutigt die Gemeinden, den pastoralen Gedanken über Strukturfragen nicht aus dem Blick zu verlieren: Hauptabteilungsleiterin Elisabeth Neuhaus.

Wichtig an diesem Abend bei allen Sachfragen um Finanzen, Personal und Gebäude: die pastorale Dimension. Oder, wie es die Organisatoren des Abends formulieren: was ist wirklich wichtig, was ist Gottes Auftrag an uns? Diözesanadministrator Andreas Kutschke: „Bereits in den Gesprächen mit den Verantwortungsgemeinschaften im Sommer und Herbst des vergangenen Jahres haben wir darauf hingewiesen, dass es sich dabei nur um erste, sehr grundlegende Informationen handeln konnte. Wichtig sind nun die nächsten Schritte, um das pastorale Leben der Verantwortungsgemeinschaft zu gestalten.“ Für das Bischöfliche Ordinariat nehmen an diesem Abend Verantwortliche aus den Bereichen Pastoral, Personal, Finanzen und Bau teil. Sie stehen für Fragen zu den einzelnen Fachthemen bereit.

Alexander Narr aus der Pfarrei St. Josef in Dresden.Aus der Pfarrei St. Josef in Dresden kommt Alexander Narr. Ehrenamtlich arbeitet er in der Steuerungsgruppe des Erkundungsprozesses mit. Dabei geht ihm vieles zu langsam. „Ich würde mir mehr Dynamik wünschen. Vor allem bei dem Wunsch, die Gemeinden nach außen zu öffnen, geht es nach meiner Beobachtung noch zu wenig voran. In den Gremien sind wir eigentlich viel weiter. Aber die Gemeinden kommen dabei nicht mit. Dort beschäftigt man sich vor allem noch mit den Verwaltungsfragen.“

Dass Finanz- und Personaldebatten die Suche nach neuen Pfaden für den Weg der Kirche überlagern, stellen auch die Verantwortlichen des Veränderungsprozesses mitunter fest. Pfarrer Benno Schäffel, der Leiter der Personalabteilung des Bischöflichen Ordinariats, berichtet von einer Frage, die Bischof Koch bei seinen Besuchen in den Gemeinden regelmäßig stellte: „Wie wollen Sie hier in dieser Region als Kirche leben?“ Die wohl häufigste Antwort darauf sei eine Gegenfrage gewesen, so Pfarrer Schäffel: „Unter welchen Rahmenbedingungen?“

"Wie wollen wir als Kirche hier in dieser Region leben" - eine Frage, die sich jede Gemeinde stellen sollte, so Pfarrer Schäffel.

"Wie wollen wir als Kirche hier in dieser Region leben" - eine Frage, die sich jede Gemeinde stellen sollte, so Pfarrer Schäffel.

Für die Pfarrei St. Benno aus Bischofswerda ist Claudia Lakner nach Dresden gekommen. Als Pfarrgemeinderatsvorsitzende verfolgt sie aufmerksam die Auswirkungen der strukturellen Veränderungen in ihrer Verantwortungsgemeinschaft. „Auf lange Claudia Lakner, Pfarrgemeinderatsvorsitzende in Bischofswerda.Sicht wird es in den heutigen Pfarreien Kamenz, Radeberg und Bischofswerda wohl nur noch einen Pfarrer geben“, berichtet sie. „Ich selbst wohne in Großröhrsdorf, das zu Bretnig gehört. Wir haben vor Jahren schon die Zusammenlegung mit Bischofswerda erlebt, was ich persönlich als sehr positiv empfunden habe. Deshalb hoffe ich, dass es jetzt ähnlich gut läuft." Die Chemie zwischen den Verantwortlichen in den einzelnen Gemeinden stimme auch. Dennoch: "Ein Priester für ein Gebiet mit 938 Quadratkilometer Größe. Wie soll da die Fläche versorgt werden? Viele Menschen wohnen eben auch zwischen den Zentren. Wie kommt man an die ran – vor allem, wenn man die Doppelbeschäftigung vieler Eltern heute sieht. Und auch mit Blick auf unsere Priester, die wir nicht verheizen dürfen, würde ich mir mehr hauptamtliche Mitarbeiter wünschen. Das Ehrenamt kann allein nicht alles abdecken, beispielsweise in der Kinder- und Jugendarbeit“, so die Pfarrgemeinderatsvorsitzende.

Gemeinden geprägt durch unterschiedliche Strukturen

Es sind sehr unterschiedliche Erfahrungen, die die Teilnehmer des Abends mitbringen. Die Delegation aus der Dresdner Dompfarrei vertritt 1.600 Gemeindemitglieder, die auf zwölf Quadratkilometern zuhause sind. In der Verantwortungsgemeinschaft Lobenstein, Greiz und Zeulenroda hingegen leben 2.700 Katholiken über 1.000 Quadratkilometer verstreut. Elisabeth Neuhaus, die Leiterin der Pastoralabteilung, hat Verständnis für die Neigung der Gemeinden, auf Neuerungen zunächst abwehrend zu reagieren. „Wir kennen den Reflex, dass sich viele wünschen, alles möge möglichst lange so bleiben, wie es ist. Man möchte seine Beheimatung nicht verlieren. Und Veränderungen machen wir häufig an Faktoren fest, etwa ob ein kirchliches GGerit Ballani aus Dresden - St. Paulus.ebäude erhalten bleiben kann oder nicht.“ Zugleich wünscht sie sich Offenheit, mit Mut und Zuversicht neue Wege zu finden, den Glauben heute zu leben und weiterzugeben.

Bei Gerit Ballani, Pfarrgemeinderätin aus Dresden-St. Paulus, rennt sie damit offene Türen ein. „Ich habe mir einen solchen Erkundungsprozess lange ersehnt und darauf gehofft, dass sich etwas in dieser Richtung tut. Ich fühle mich auch gut eingebunden, aber die Gemeinde mitzunehmen, ist schwierig.“ In der mitgliederstärksten Verantwortungsgemeinschaft des Bistums auf einer räumlich überschaubaren Fläche herrscht bei manchem Gemeindeschäfchen nach ihrer Beobachtung der Eindruck, die kirchlichen Mittel kämen nun eher anderen Regionen zugute.

Interessiert und engagiert zeigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Abends.

Interessiert und engagiert zeigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Abends.

Es sind Fragen wie diese, die der Abend beantworten möchte. Zum gleichen Format wird übrigens noch dreimal eingeladen. Die nächsten Termine finden am 9. April in Wechselburg, am 27. April in Nebelschütz und am 30. April in Zwochau statt. In einem nächsten Schritt werden die Prozessberater und Vertreter des Ordinariats dann die Steuerungsgruppen aller Verantwortungsgemeinschaften vor Ort besuchen. Mit am Tisch sitzen sollen dann auch alle Pfarrer, Pfarradministratoren und hauptamtlichen pastoralen Mitarbeiter sowie die Pfarrgemeinde- und Kirchenräte der jeweiligen Verantwortungsgemeinschaft. Ganz individuelle Fragen und konkrete Anliegen jeder Verantwortungsgemeinschaft können dann besprochen werden.

Michael Baudisch



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