Begegnungsort Politische Bildung: Europäisches Miteinander lebendig werden lassen

AKSB-Jahrestagung in Ostritz diskutierte die Zukunft Europas

Kloster St. Marienthal mit dem IBZ
Das Kloster St. Marienthal mit dem IBZ

Ostritz, 23.11.2016: "Europa ist vor Ort trotz aller Krisen noch sehr lebendig und hat eine Zukunft. Das zeigen auf beeindruckende Weise die Begegnungsprojekte des Internationalen Begegnungszentrums (IBZ) St. Marienthal in Sachsen, aber auch die des Deutsch-Polnischen Jugendwerks und von Renovabis", resümiert Dr. Michael Reitemeyer, Vorsitzender der AKSB, am Ende der AKSB-Jahrestagung zum Thema "Europas Zukunft - Chancen und Herausforderungen für die Bildungsarbeit". Bestärkt sieht er sich in der Entscheidung, die bundesweite Tagung zu Europas Zukunft gerade in Ostritz stattfinden zu lassen: "In der direkten Nähe zur polnischen und tschechischen Grenze konnten wir das europäische Miteinander unmittelbar erleben. Diese Erfahrung hat die Diskussionen bereichert. Wir als politische Bildner sind nun aufgefordert, mit unseren Angeboten weiterhin Orte der Begegnung zu schaffen, in denen über das europäische Miteinander gesprochen und diskutiert werden kann. Dabei sind auch Visionen gefordert. Wichtige Voraussetzung für diesen Diskurs ist aber eine angemessene Diskussionskultur, in der die Argumente des anderen ernst genommen und hinterfragt werden. Damit wollen wir einen Beitrag zur Versachlichung in der Politik leisten."
 
An zwei Tagen hatten die rund 70 Teilnehmenden der AKSB-Jahrestagung die Zukunft Europas mit Expert/-innen sowie Akteuren des europäischen Jugend- und Erwachsenenaustauschs diskutiert. Die Frage, wie es mit Europa weitergehen müsse, wurde dabei unterschiedlich beantwortet:

Für Ulrich Beyer, Abteilungsleiter für Internationale Beziehungen in der Sächsischen Staatskanzlei, liegt das Herz von Europa in der Region um Görlitz. Europa finde hier jeden Tag im täglichen Miteinander zwischen Polen und Tschechien statt, die Beziehungen seien gut und stabil. Anders sähen die Bedingungen auf Europäischer Ebene aus. Daher sei es notwendig, im politischen Diskurs positiv über Europa zu reden und nicht stets die Schuldigen für politische Entwicklungen in Brüssel zu suchen. Ein starkes Europa habe eine Zukunft, brauche dazu aber eine gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik.
 
Korbinian Rueger vom "Project for Democratic Union" – einem Think Tank für Politik – präsentierte eine mutige Vision von Europa:  Um das Scheitern der europäischen Idee zu verhindern, müssten - in Analogie zu den USA - die Vereinigten Staaten von Europa gegründet werden, in Analogie zu den USA. Dazu gehöre eine starke zentrale europäische Regierung. Sonst drohe der Rückfall in die alten Nationalstaaten. Mit der bisherigen europäischen Struktur seien die Wirtschaftskrise und die Flüchtlingsproblematik nicht zu lösen.
 
Prof. Dr. Werner J. Patzelt vom Institut für Politikwissenschaft der TU Dresden mahnte die Akteure der Politischen Bildung, sich wieder der eigenen Potentiale bewusst zu werden: Mit politischen Bildungsangeboten müsse eine faktenorientierte Aufklärung über Sachverhalte wie die Flüchtlingsproblematik betrieben werden, um einen Beitrag zur Versachlichung von Politik zu leisten. Dabei gelte es, die Bereitschaft von Jugendlichen und Erwachsenen zu fördern, die Argumente des anderen zu hören und auf diese Argumente einzugehen. Wichtig sei dabei der Perspektivenwechsel. Nicht zuletzt müsse Politische Bildung Plattform für Begegnung sein, indem dieser Austausch fruchtbar zwischen unterschiedlichen religiösen, politischen oder gesellschaftlichen Gruppierung möglich wird. Nur so könne das Vertrauen untereinander zurückgewonnen werden.
 
Wie Europa und die europäische Idee in der Praxis lebendig werden können, demonstrierten verschiedene Akteure des europäischen Dialogs - Stephan Erb vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk, Claudia Gawrich von Renovabis, Dr. Michael Schlitt, Georg Salditt und Ralf Ostrowski vom IBZ St. Marienthal und Dr. Regina Gellrich, Sächsische Landesstelle für frühe nachbarsprachige Bildung - eindrucksvoll anhand vieler Praxisbeispiele. Am Schluss stand die Forderung nach Rationalität in der Debatte und des Diskurses über die anstehenden Fragen von Begegnungen vor Ort und dem Aufbau Europas von unten.
 
Informationen zum AKSB e.V.:
Der AKSB e.V. ist die bundesweit tätige katholische Fachorganisation politischer Erwachsenen- und Jugendbildung. Als Dachorganisation katholischer Bildungseinrichtungen leistet sie einen Beitrag zur Festigung der Demokratie und zur Vermittlung Christlicher Gesellschaftsethik. Der AKSB e.V. repräsentiert über 60 katholische Akademien, Bildungseinrichtungen, Vereine und Verbände. Das IBZ St. Marienthal ist Miglied der AKSB.
 
 
Markus Schuck
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland (AKSB)



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