Vielfalt friedlich leben

Festakademie in Leipzig thematisiert die Bedeutung von Religion und Toleranz

Bischof Heinrich Timmerevers: "Die Botschaft Jesu, die Weg und Wahrheit für alle Menschen ist, in die Welt hinaustragen." Foto: M. Baudisch

Bischof Heinrich Timmerevers nannte es eine Aufgabe der Katholischen Akademie, "die Botschaft Jesu, die Weg und Wahrheit für alle Menschen ist, in die Welt hinauszutragen." Fotos: M. Baudisch

Leipzig, 13.09.2016 (KPI): Im Rahmen einer Festakademie ist Thomas Arnold am 12. September in Leipzig von Bischof Heinrich Timmerevers offiziell ins Amt des Direktors der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen eingeführt worden. Bischof Heinrich formulierte es als eine Hauptaufgabe des neuen Akademiedirektors, „die Anliegen, Sorgen und Nöte der Welt“ in die Katholische Kirche hineinzutragen, und umgekehrt die Botschaft Jesu, „die Weg und Wahrheit für alle Bischof Heinrich (links) überreichte Thomas Arnold die Ernennungsurkunde als Akademiedirektor.Menschen ist“, in die Welt hinauszutragen. Rund 170 Gäste aus Politik und Kultur, Kirche und Wissenschaft nahmen im Vortragssaal der renommierten Bibliotheca Albertina an dem Abend teil, der den Titel „Die Freiheit wagen“ trug.

Im Mittelpunkt stand dabei ein Vortrag des ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, der die Bedeutung von Religion und Toleranz zum Funktionieren unserer Gesellschaft betonte. Der Ex-Bundestagspräsident erinnerte daran, dass das Gebiet der früheren DDR neben Tschechien und der Slowakei als „religionsloseste Gegend auf dem Globus“ gälte – „der einzige durchschlagende Erfolg des SED-Regimes.“ Dennoch sei die Region neben einer starken Säkularisierung ebenso von religiöser und weltanschaulicher Pluralität geprägt. 26 Jahre nach der Friedlichen Revolution und den enormen Umbrüchen dieser Zeit stünden heute – bedingt durch die enormen Flüchtlingszuwanderungen - neue Veränderungen in der Welt an.

"Integration" als Hauptaufgabe unserer Zeit

Thierse bezeichnete das Thema „Integration“ als „die große Herausforderung der nächsten Jahre“ – und dies sowohl mit Blick auf die Bundestagspräsident a.D. Wolfgang Thierse.Einheimischen als auch mit Blick auf die Zugewanderten. Die Entstehung von Phänomenen wie PEGIDA und AfD nannte Thierse in diesem Zusammenhang als „Symptome der Angst“ einer Bevölkerung, die sich vor „Entheimatung“ und "sozialem Abstieg" fürchte. „Unser Land wird religiös und kulturell vielfältiger werden“, so Thierse. Die „demokratische Herausforderung“ liege in der Frage: „Wie gehen wir damit um?“

Der SPD-Politiker betonte, dass die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit für religiöse Menschen auch das Angebot beinhalte, an der Gestaltung der Gesellschaft mitzuwirken. Dabei müsse jede Religion den gemeinsamen demokratischen Wertekonsens des Staates mittragen, zu dem etwa die Wahrung der Menschenwürde, der Anerkennung von Recht und Gesetz oder des gemeinsamen „ethischen und kulturellen Fundaments“ gehörten. Dieses Fundament gälte es beständig zu erneuern. „Die christlichen Kirchen tragen diese Aufgabe nicht allein, aber auch“, so Thierse, der die Forderung aufstellte, sie sollten dabei „nicht leisetreterisch und ängstlich“ sein. Christen sollten sich in der Politik engagieren und sich dabei auch religiös äußern dürfen. Weltanschauliche und religiöse Toleranz sei angesichts enormer Differenzen in diesem Punkt unumgänglich. „Vielfalt friedlich leben“, nannte der Ex-Bundestagspräsident als Leitgedanken dazu.


Religion als Teil des Problems oder der Lösung?

„Christentum, Judentum und die Aufklärungstradition gehören zu Deutschland genauso wie der Islam“, so Thierse. Zugleich müsse in diesem Zusammenhang die Frage gestellt werden, „welcher Islam gehört zu Deutschland?“ Freiheitsfeindliche und militante Tendenzen dürften auch innerhalb des Islams nicht akzeptiert werden, wenn es gelingen solle, Ängste und Vorbehalte abzubauen. Muslime müssten respektieren, „dass die Gesetze der Religion nicht über denen des Staates stehen.“ Umgekehrt müssten auch die Deutschen lernen, den Bau weiterer Moscheen sowie die Pflege muslimischer Traditionen in ihrer Heimat zu respektieren, seien es der Ramadan oder das Tragen des Kopftuchs.

Religion dürfe sich dem gesellschaftlichen Diskurs dabei nicht verweigern. „Wenn Religion Teil des Problems ist, soll sie auch Teil der Lösung sein“, so Thierse.


Im Anschluss an den Festvortrag stellten sich Wolfgang Thierse (links) und Bischof Heinrich Timmerevers (rechts) den Fragen von Moderatorin Karin Wollschläger.


Im Anschluss an den Festvortrag stellten sich Wolfgang Thierse (links) und Bischof Heinrich Timmerevers (rechts) den Fragen von Moderatorin Karin Wollschläger.

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Text/Fotos: Michael Baudisch




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