Schöpferische Minderheit ausbuchstabieren

Auftaktveranstaltung zur „pastorale! 2019“

Auftaktveranstaltung "die pastorale!"

Halle (Saale), 10.11.2018: Wie lässt sich Christsein im säkularen Umfeld gestalten? Wie kann die Minderheit, in der die Christen sich in Ostdeutschland befinden, zur schöpferischen Minderheit werden? Mit diesen Fragen beschäftigten sich heute in Halle (Saale) etwa 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Auftaktveranstaltung zur 2019 in Magdeburg stattfindenden „pastorale!“ (19. bis 22. September 2019).

„Es kommt auf uns an, aber es hängt nicht von uns ab!“, fasste Diakon Reinhard Feuersträter, Seelsorger im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara, seine Erfahrungen als Krankenhausseelsorger zusammen.

Stephanie Hauck und Dagobert Glanz

Dagobert Glanz, Vorsitzender des Katholikenrates des Bistums Magdeburg, und Stephanie Hauck, Geschäftsführerin des Katholikenrates des Bistums Dresden-Meißen nannten die Diaspora-Situation der Christen den „Normalfall des Glaubens“.

Immer wieder wurde im Verlauf der Tagung betont, dass es wichtig sei zu „vernehmen, was der Geist Gottes von uns will, da er uns in diese Situation gestellt hat“.

Bischof Gerhard Feige„Wir sind ein wirkliches Original und haben es nicht nötig, andere Ortskirchen nachzuahmen. Wir sind nicht grund- und absichtslos in diese Situation Ostdeutschlands gestellt“, zeigte sich Bischof Gerhard Feige, Magdeburg, überzeugt. Kirche sei nicht mehr nur da, wo ein Priester ist, sondern überall dort, wo Christen miteinander beten, feiern, ihren Glauben leben und sich für Menschen einsetzen. Kirche ereigne sich überall da, wo Menschen mit Gott in Berührung kommen.

Durch diakonisches Handeln könnten Menschen „die überfließende Güte Gottes erfahren“, betonte  Bischof Feige und fügte hinzu, dass Maßstab immer der Mensch sein müsse, um den es gerade gehe, nicht das eigene Konzept oder eigene Vorstellungen – und ohne diesen Menschen vereinnahmen, verkirchlichen zu wollen.

Gruppenarbeit

In verschiedenen Foren konnten sich die Teilnehmenden der Tagung zu einigen der Thesen austauschen. Dort tauchten dann auch Fragen auf wie: „Ist die ‚schöpferische Minderheit‘ nicht eher eine erschöpfte Minderheit?“ – „Wo können wir der Kirche ein Gesicht geben?“ – Wie können wir aus der Geschichte und aus der Weltkirche lernen – gegen die Angst, dass es Kirche nicht ohne Priester geben könne?“ – „Sollten wir nicht mehr auf Begegnung statt auf Bekehrung setzen? Denn wenn wir das mit den anderen teilen, was wir haben, werden wir auch selber beschenkt – ähnlich wie es bei der Brotvermehrung geschah.“ – „ Die Rettung der Situation im Ehrenamt zu suchen hat seine Grenzen!“

Gruppenarbeit

Erfahrungen in Schweden

Jesuitenpater Philip Geister, Rektor des Newman-Instituts in Uppsala, berichtete von seinen Erfahrungen aus der Minderheitensituation der Katholiken in Schweden: „Schöpferische Minderheit – schwedische Erfahrungen“. Er regte an, sich zu fragen: „Was enthüllen unsere Erfahrungen über das Handeln Gottes? Wo entdecke ich die Handschrift Gottes?“ – anstatt: „Was machen wir richtig?“

„Evangelisierungsstrategien sind sehr wichtig – wenn wir ihre Grenzen sehen. Denn im wirklichen Leben werden wir immer wieder von Faktoren überrascht, die unsere P. Dr. Philip Geister SJStrategien über den Haufen werfen“, so Pater Geister. Vielleicht sei unsere Rolle derzeit gerade die Rolle des Demütigen und Gedemütigten – nicht die Rolle des Akteurs. Und er verwies auf den Rat des heiligen Ignatius von Loyola, in Zeiten der Trostlosigkeit nichts zu ändern. Denn eine kluge Reaktion, die zu wirklicher Veränderung führe, sei in dieser Situation nicht in Sicht. Panik und Angst seien keine guten Ratgeber. Und er empfahl, die Ausgangsposition der Schwäche aus der Sicht des Glaubens zu betrachten: „Gott hat uns nicht ans Messer geliefert, sondern in diese Situation berufen, zum Heil der Welt.“

Ausgang aller Überlegungen müsse die Frage sein: Was will ICH mit meinem Leben tun? Was meine ich, was der Herr möchte, dass ich tue? Das Zweite Vatikanische Konzil habe die Berufung jedes Christen zur Heiligkeit betont. Die Frage sei daher: „Wer sollen wir sein“ – und nicht: „Was sollen wir tun?“ Dabei könnten die Heiligen ein Ansporn sein, denn „sie folgten schlichtweg dem Willen Gottes für ihr Leben. Das machte sie zu einer ‚schöpferischen Minderheit‘“, so der Jesuit. Dazu gehöre auch der Mut zur Einsamkeit.

Zu der Tagung eingeladen hatten die Katholikenräte der Bistümer Dresden-Meißen und Magdeburg, das Roncalli-Haus Magdeburg, das Bistum Magdeburg und dessen Katholische Akademie und Fachakademie für Gemeindepastoral, der „Tag des Herrn“, das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle sowie das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken.

Fotos + Text: Elisabeth Meuser



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