Brücken bauen zwischen Deutschen und Polen

Kirchen engagieren sich für die Stärkung der deutsch-polnischen Verbindungen

Versöhnungsdenkmal

Vorbild für den Austausch: bei einem Stadtrundgang machte die Delegation auch am Denkmal von Kardinal Boleslaw Kominek Halt, der als polnischer Erzbischof Breslaus zur Versöhnung von Polen und Deutschen aufrief.

Breslau/Dresden, 26.08.2018 (KPI): Eine 21-köpfige Delegation mit Vertretern aus Kirche, Politik und Medien aus den Bistümern Dresden-Meißen, Görlitz und dem Erzbistum Berlin hat vom 24. bis 26. August Breslau besucht. Initiiert wurde die Austausch- und Begegnungsreise vom Katholischen Büro Sachsen gemeinsam mit der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen und in Zusammenarbeit mit dem Diözesanrat des Erzbistums Berlin. Der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers stand der Delegation vor.

Zur Idee der Begegnungsreise erläutert Diakon Dr. Daniel Frank, der als Leiter des Katholischen Büros  Sachsen die Kontakte der Kirche zur Politik pflegt: „Als katholische Kirche sehen wir uns als Teil der Gesellschaft und in der Mitverantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt – und dies über Grenzen hinweg. In dieser Verantwortung nehmen wir auch die Spannungen innerhalb Europas wahr.“ Akademiedirektor Dr. Thomas Arnold ergänzt: „Wir sind davon überzeugt, dass nur ein Dialog, der auf einem gegenseitigen Erfahrungsaustausch fußt, langfristig das Friedensprojekt Europa voranbringen wird. Als Kirche im Herzen Mitteleuropas möchten wir dazu unseren Beitrag leisten und den Brückenbau zwischen Christinnen und Christen auf beiden Seiten der deutsch-polnischen Grenze fördern.“

Stolperstein Edith SteinIm Fokus der Delegationsreise stand dabei zum einen der Blick auf die Situation und die Anliegen der polnischen Partner. Zum anderen folgten die Reiseteilnehmer den Spuren der aus Breslau stammenden Heiligen Edith Stein. Die jüdische Intellektuelle, die sich taufen ließ, Ordensfrau wurde und gemeinsam mit ihrer Schwester Rosa von den Nazis im KZ Ausschwitz ermordet wurde, bietet in ihrer Biographie zahlreiche Anknüpfungspunkte zu aktuellen Debatten. Bischof Heinrich Timmerevers: „Der Besuch der Lebensstationen Edith Steins in Breslau verdeutlicht für mich die Mahnung, dass niemand aufgrund seiner Religion ausgegrenzt oder benachteiligt werden darf. Was Edith Stein, die Patronin Europas, uns heute außerdem zu sagen hat, ist, dass das Thema Europa eines neuen Aufbruchs bedarf. Ich wünsche mir einen gemeinsamen Aufbruch über Landesgrenzen hinweg, der Hoffnungsoptionen im Miteinander entwickelt, statt Ängste zu instrumentalisieren.“

Gottesdienst mit Bischof Timmerevers un Breslauer Dom

Predigt zweisprachig

Auch Kirche möchte sich in die Stärkung des europäischen Dialogs einbringen. In der Breslauer Kathedrale feierten die Teilnehmer der deutsch-polnischen Begegnung mit Bischof Heinrich Timmerevers die Heilige Messe, musikalisch gestaltet von den Kapellknaben aus Dresden. Die Predigt erfolgte zweisprachig: Kaplan Łukasz Puchała übersetzte, was Bischof Timmerevers sagte.

Dresdner Kapellknaben im Breslauer Dom

Im Zentrum der Reise stand dabei ein Austausch der Delegation mit rund zwanzig polnischen Multiplikatoren, zu der Uwe Behnisch, der Leiter des Verbindungsbüros des Freistaats Sachsen in Breslau eingeladen hatte. Für ihn ist die niederschlesische, von zahlreichen Einflüssen geprägte Kultur- und Universitätsstadt  „die vielleicht europäischste Stadt Polens“ und dadurch besonders als Partner im Dialog geeignet. 640.000 Menschen leben in der viertgrößten Metropole Polens. Die Wirtschaft floriert. Aber auch hier seien eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft und vermehrt nationalistische Stimmen wahrzunehmen. „Die Impfung durch die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs hat an Wirkung verloren“, so ein Gesprächsteilnehmer. Europa werde zunehmend als Schwierigkeit und zu wenig als Chance wahrgenommen. Krzysztof Bramorski, der als Rechtsanwalt und politischer Berater für internationale Angelegenheiten tätig ist und sich als polnischer Vertreter an der Diskussion beteiligte, vermutete eine der Ursachen dieser Entwicklung darin, dass die Wertschätzung der Demokratie sich in Polen in den letzten freiheitlichen Jahrzehnten noch nicht ausreichend entwickelt habe. Auch die deutschen Reiseteilnehmer brachten die aktuellen Debatten und politischen Konflikte innerhalb der Bundesrepublik zur Sprache.

Diskussion im Sächsischen Verbindungsbüro

Von Chancen und Schwierigkeiten zunehmender Migration – etwa durch zehntausende Zuwanderer in Polen aus der Ukraine – bis hin zum kritischen Blick auf die Rolle der Kirchen im politischen Leben reichten die Themen einer Diskussionsrunde mit Repräsentanten des gesellschaftlichen Lebens in Polen im Büro des Sächsischen Verbindungsbüros in Breslau.

Diskussion im Sächsichen Verbindungsbüro

Wenn es nach dem Wunsch von Diakon Frank vom Katholischen Büro Sachsen geht, soll der Besuch in Breslau nur der Auftakt zu einem langfristigeren Erfahrungsaustausch mit Polen, aber auch mit Tschechien sein: „Der Dialog muss Kontinuität erhalten. Dazu kann diese Reise der Auftakt gewesen sein.“

Edith-Stein-Kapelle in der Michaeliskirche

In der Edith-Stein-Kapelle in der Breslauer Michaeliskirche.

Text: Michael Baudisch
Fotos: Elisabeth Meuser

 



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