Evangelische und Katholische Kirche wollen beim Religionsunterricht zusammenarbeiten

Bischof Timmerevers und Landesbischof Rentzing stellen gemeinsames Positionspapier zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Sachsen vor

Dresden, 07.01.2019: Die beiden Kirchen in Sachsen wollen künftig beim Religionsunterricht enger zusammenarbeiten als bisher. Das haben bei einem Pressegespräch heute in Dresden Landesbischof Dr. Carsten Rentzing für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens und Bischof Heinrich Timmerevers für das katholische Bistum Dresden-Meißen erklärt. In einem gemeinsamen Positionspapier legten die Bischöfe Vereinbarungen und Ziele dar, wie sie sich diese Kooperation vorstellen.

So soll spätestens ab dem Schuljahr 2020/21 Religionsunterricht für evangelische und katholische Schülerinnen und Schüler in Sachsen nach dem Willen der Bischöfe auch konfessionell-kooperativ erteilt werden können. Der Unterrichtsstoff wird dabei gemeinsam verantwortet und unter Wahrung konfessioneller Unterschiede in katholischer oder evangelischer Verantwortung erteilt. Die Bischöfe unterstreichen, dass damit eine dritte Form des Religionsunterrichtes entstehen soll. Sowohl der evangelische als auch der katholische Religionsunterricht bleiben in ihrer jeweiligen konfessionellen Eigenständigkeit erhalten. Daneben soll in Zukunft aber die ergänzende Möglichkeit zur Kooperation treten.

Eine Chance, sich für die jeweils andere Konfession zu öffnen

Anlass der Neuregelung sind vor allem die Regionen, in denen es schwer ist, genügend Schülerinnen und Schüler einer Konfession zu finden, um in sinnvollen Altersgruppen zu unterrichten. Allerdings legen die Bischöfe Wert darauf, dass es ihnen nicht darum geht, Lehrkräfte einzusparen. Vielmehr biete die Kooperation eine Chance, sich für die jeweils andere Konfession zu öffnen und den Horizont zu weiten. Die Vielfalt des Christentums kann stärker als Bereicherung entdeckt werden.

Bischof Timmerevers und Landesbischof Dr. Rentzing stellten den geplanten konfessionell-kooperativen Religionsunterricht vor. Foto: Michael Baudisch

Bischof Timmerevers und Landesbischof Dr. Rentzing stellten den geplanten konfessionell-kooperativen Religionsunterricht vor. Foto: Michael Baudisch

Landesbischof Dr. Carsten Rentzing erläutert: „Entscheidend ist das gemeinsame Anliegen, für die Schülerinnen und Schüler in Sachsen ein verbessertes Lernangebot zu schaffen, bei dem die gemeinsamen christlichen Glaubensinhalte lebensnah vermittelt und Unterschiede in den christlichen Konfessionen erklärt werden. Dies kann gerade hier im Osten, wo religiöses Wissen über viele Jahre nicht vermittelt wurde, zum Verständnis von Religionen und ihren oft vielfältigen Ausprägungen beitragen. Angesichts wachsender religiöser und politischer Gleichgültigkeit einerseits und radikaler, fundamentalistischer Tendenzen andererseits ist die religiös-ethische Bildung in unserer Gesellschaft mehr denn je erforderlich. Dazu leisten die Kirchen in ihrer Mitwirkung im Religionsunterricht seit Jahrzehnten einen Beitrag und wollen dies künftig weiter tun. Ich bin sehr dankbar dafür, dass mit dem Positionspapier nun fachliche Standards, Grundlagen und Ziele für konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht in Sachsen vorliegen.“

Bischof Heinrich Timmerevers sagt: „Evangelischer und Katholischer Religionsunterricht ermöglichen Freiräume und Dialog für die existentiellen Fragen der Schülerinnen und Schüler nach dem Woher, Wohin und Wozu ihres Lebens. Beide leisten einen je eigenständigen und von anderen Fächern nicht ersetzbaren Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung und Wertorientierung unserer jungen Menschen, erschließen  ihnen gleichzeitig den christlichen Hintergrund unserer Kultur. So verstehe ich auch den konfessionell-kooperativ erteilten Religionsunterricht als Stärkung. Insbesondere an den allgemeinbildenden Schulen, an denen evangelische und katholische Lerngruppen eingerichtet sind, besteht die Möglichkeit für konfessionelle Kooperation in Form des konfessionell-kooperativ erteilten Religionsunterrichtes. Interessierte Religionslehrerinnen und -lehrer können hier gemeinsam daran arbeiten, Vorschläge für eine schulspezifische Lehrplanvariante zu entwickeln.“

Bis zum Schuljahr 2020/21 sollen erste Modellversuche starten

Beide Kirchen starten jetzt die konkreten Vorbereitungen, damit bis zum Schuljahr 2020/21 zumindest an ersten Modellschulen die Zusammenarbeit im Religionsunterricht beginnen kann. Bis dahin sollen noch inhaltliche Fragen, aber vor allem auch ganz praktische Punkte im Gespräch miteinander geklärt werden, etwa die Fragen: Wie katholisch und wie evangelisch soll die Sichtweise sein? In welchen Rhythmen wechseln sich die Konfessionen in der Verantwortung ab? Gibt es gemeinsame Schulbücher?

Grundsätzlich einig sind sich die Bischöfe allerdings in der Einschätzung, dass es mehr darum gehen müsse, wichtige Themen aus christlicher Perspektive zu beleuchten, christliche Inhalte und Werte zu vermitteln, als spezifisch konfessionelle Prägungen auszubauen. Gerade in den ostdeutschen Bundesländern hätten viele Menschen bereits in der dritten Generation keine Berührungspunkte mehr mit Religion. Religiöses Wissen und religiöse Praxis seien weniger geworden. Sowohl die Zeit des Nationalsozialismus als auch das Bestreben des Regimes der DDR, Religion der Lächerlichkeit preiszugeben, hätten tiefe Spuren hinterlassen und Säkularisierungsprozesse beschleunigt, so die Bischöfe. Auf der Suche nach Identität und Heimat müssten daher neue Zugänge zur christlich-jüdischen Tradition als Grundlage von Kultur und Traditionen ermöglicht werden.

Dem Religionsunterricht komme dabei in beiden konfessionellen Ausprägungen eine besondere Bedeutung zu.


Das Positionspapier zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht können Sie als pdf-Datei hier herunterladen - hier klicken...


Anmerkung: Nachzulesen sind die Grundlagen für diese Entscheidung hier:

Die deutschen Bischöfe, Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts. Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht, 22. November 2016.

Konfessionell-kooperativ erteilter Religionsunterricht. Grundlagen, Standards und Zielsetzungen, Text 128 der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Februar 2018 als Weiterentwicklung der Denkschrift der EKD „Religiöse Orientierung gewinnen. Evangelischer Religionsunterricht als Beitrag zu einer pluralitätsfähigen Schule“ von 2014




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