Den Kindern das Leben zumuten

Rückblick auf die Familienbildungswoche im Bischof-Benno-Haus

Familienbildungswoche im Bischof-Benno-Haus

Foto: © Matthias Bulang

3 Meter über dem Erdboden balanciert die kleine Laila mit ihrem Vater vorsichtig über ein dünnes Seil. Die Mutter ist lieber am Boden geblieben, schaut aber von unten gespannt zu. Im Hochseilgarten, den die Familie heute im Rahmen der Familienbildungswoche „Weniger Stress – mehr Freude“ besucht, probieren sie ganz praktisch aus, was es heißt, eigene Grenzen zu spüren und Folgen des eigenen Handelns zu tragen.

Die Familienbildungswoche, die in der zweiten Sommerferienwoche im Bischof-Benno-Haus in Schmochtitz stattfand, orientierte sich inhaltlich an dem Konzept „KESS erziehen“, das Mütter und Väter dazu befähigen möchte, Wege zu einem entspannten und ermutigendem Miteinander in der Familie zu finden. Insgesamt 19 Teilnehmer, darunter 11 Kinder im Alter von 1 bis 13 Jahren, folgten der Einladung und verbrachten in Schmochtitz eine erlebnisreiche und frohe Woche miteinander.

Im Mittelpunkt standen die Seminareinheiten für die Eltern: Am Vormittag und am Abend ging es um die Grundbedürfnisse der Kinder, um Verhaltensweisen und angemessene Reaktionen, um das Ermutigen von Kindern oder auch um Konflikte sowie Ideen, mit welchen Strategien diese gelöst werden könnten. Der Referentin Stefanie Sonntag, zertifizierte KESS-Kursleiterin, lag besonders neben der Vermittlung von praxisorientiertem Wissen auch die Ermöglichung eines Raums für den Austausch zwischen den Eltern am Herzen. Die Seminareinheiten, die eigentlich inhaltlich auf einen wöchentlichen Rhythmus und entsprechende Abendveranstaltungen hin konzipiert sind, fanden hier in einer kompakten Form innerhalb einer Woche statt. Gerade so aber war es möglich, konkret an einigen Erfahrungen und Beispielen der Eltern dranzubleiben. Die theoretischen Elternrunden wurden ergänzt durch Workshops und Trainings am Nachmittag, die unmittelbaren Bezug zu den Themen hatten: So gab es Vertrauensübungen für die ganze Familie, ein Spontan-Mitmachtheater, in dem man sich in verschiedenen konflikthaften Verhaltensweisen als ganze Familie ausprobieren konnte, oder eben auch der Besuch im Hochseilgarten.

Für die Kinder wurde während der Seminareinheiten ein eigenes Kinderprogramm angeboten. Dank einem engagierten Helferteam wurde während der Woche neben Besuchen auf dem Spielplatz oder im wunderschönen Park in Schmochtitz ein eigenes Programm zum Thema „Märchen“ erarbeitet: So wurden Kulissen und Kostüme erstellt oder Rollen verschiedener Märchen eingeübt und sogar auswendig gelernt. So konnte auch am letzten gemeinsamen Abend vor den staunenden und begeisterten Eltern ein kurzes Programm vorgeführt wurden.

„Es hat uns ermutigt und bestärkt in unserem Familienalltag“, so lautete die Antwort einer Teilnehmerin am Ende der Woche in der Auswertung. Auch andere äußerten sich ähnlich und insgesamt dankbar für die gemeinsame wertvolle Zeit und die Gespräche, für die zwischen Tür und Angel im Alltag eher kaum Zeit ist.

Die Familienbildungswoche fand 2019 in dieser Form zum zweiten Mal im Bischof-Benno-Haus statt. Ermöglicht wurde diese auch durch die Förderung, die über die Familienrichtlinie des Freistaats Sachsen für diese Maßnahme gewährt wurde. Für Familien mit geringem Einkommen ist zudem eine Unterstützung möglich. Ein ähnliches Angebot ist für 2020 in der fünften Ferienwoche geplant.

Laila und ihr Vater sind inzwischen wohlbehalten am Erdboden angekommen. Mächtig stolz ist die Kleine, denn sie hat sich getraut, bis an ihre Grenzen zu gehen und sie zu spüren. Dass ein falscher Tritt schnell auch ein Abrutschen bedeutet, hat auch sie zu spüren bekommen – aber auch, dass da eine Sicherung ist, die ihn hält: Neben dem Seil, an das sie gegurtet war, nämlich auch ihr Vater, der sie begleitet, berät und abstützt, wenn es einmal daneben war: der eben einfach da ist.

Ansgar Hoffmann




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