„Das kostbare Geschenk der Freiheit bewahren“

Kardinal Marx ruft zu verstärktem Engagement für eine freiheitliche Gesellschaft auf

Vor rund 200 Gästen sprach Kardinal Marx beim Politikerempfang des Bistums im Dresdner Verkehrsmuseum. Fotos: Michael Baudisch

Vor über 300 Gästen sprach Kardinal Marx beim Politikerempfang des Bistums im Dresdner Verkehrsmuseum. Fotos: Michael Baudisch

Dresden, 25.01.2019: Mit einem eindringlichen Appell, die Freiheitsgeschichte Deutschlands und Europas weiter wach zu halten, hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Donnerstagabend, 24. Januar, in Dresden zu einem verstärkten Engagement für eine freiheitliche Gesellschaft aufgerufen. Bei einem politischen Empfang, zu dem Bischof Heinrich Timmerevers eingeladen hatte, und der als Kooperation von Katholischem Büro Sachsen und der Katholischen Akademie des Bistums ausgerichtet wurde, erinnerte Kardinal Marx an den mühsamen Kampf um die Freiheit im politischen wie kirchlichen Raum. „Der Kampf um die Freiheit ist nie zu Ende. Deshalb ist es wichtig, sich über Religions- und Weltanschauungsgrenzen hinweg zu vergewissern, wie wir dieses kostbare Geschenk der Freiheit nicht nur bewahren, sondern auch in die Zukunft tragen können.“

Der Begriff der Freiheit, so Kardinal Marx, führe in das Zentrum des christlichen Menschenbildes. „Freiheit ist die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen. Freiheit ist Voraussetzung für das, was wir Liebe nennen. Ohne Freiheit gibt es keine Liebe, sonst wäre es ein zwanghaftes Geschehen.“ Zum christlichen Menschenbild gehöre gleichzeitig eine Dynamik nach vorne, dass etwas getan werden müsse und nicht schon alles im Leben fertig sei. So verbinde sich die Dynamik des Menschen mit der Dynamik der Geschichte, betonte Kardinal Marx: „Der Auftrag von uns Christen muss es sein, die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums wahrzunehmen und zu entdecken, dass die Demokratie – eine Dynamik aus und in der Geschichte – ein Fortschritt ist. Gerade der Einsatz für Demokratie und Freiheit in unserem Land, gegründet auf dem Fundament des christlichen Menschenbildes, zeigt einen Punkt in der Geschichte der Menschheit an, hinter den wir nicht mehr zurückfallen dürfen.“ Die Botschaft der Heiligen Schrift von der Würde und der Gleichheit aller Menschen sei ein Grundfundament, „ohne das wir uns die westliche, christlich geprägte Kultur nicht vorstellen können“.


Bischof Heinrich begrüßte den Erzbischof von München und Freising in der Dresdner Kathedrale und erinnerte an die gemeinsame Verbindung der beiden Bistümer in der Person des Heiligen Benno von Meißen.

Bischof Heinrich begrüßte den Erzbischof von München und Freising in der Dresdner Kathedrale und erinnerte an die gemeinsame Verbindung der beiden Bistümer in der Person des Heiligen Benno von Meißen.

Kardinal Marx erinnerte mit Blick auf das Jahr 1919 und die Verabschiedung der Weimarer Reichsverfassung an den langen Prozess, der die Geschichte bis dahin geprägt habe. „Damals wie heute wissen wir, dass Religion und Gemeinwesen nicht einfach zu vermischen sind. Ein säkularer Staat betreibt nicht Religion, sondern organisiert das Gemeinwesen. Wir begrüßen den Staat, der mit Wohlwollen auf die Wirklichkeit der Religion schaut, der neutral, aber nicht indifferent ist, der ermöglicht, dass der Mensch sich in Freiheit öffentlich zur Religion bekennen kann. Hier muss auch die Religion selbst Verantwortung übernehmen, indem sie nicht Zwiespalt sät, sondern ihren sichtbaren und engagierten Beitrag für die Gesellschaft und deren Zusammenhalt leistet“, sagte Kardinal Marx.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz bei seiner Predigt in der Kathedrale.Das Jahr 1989 sei ein großes Geschenk der Freiheit gewesen. Zwei Jahre später habe Papst Johannes Paul II. davor gewarnt, dass ein neues System der Welt nicht gelingen könne, wenn sich ein primitiver Kapitalismus durchsetze und die ganzheitliche Entwicklung der Menschen verhindere. „Gerade daran müssen wir heute arbeiten, denn die Freiheitsgeschichte von 1989 ist nicht beendet. Es ist unsere Aufgabe, die verschiedenen Lebensgeschichten in Ost und West anzuerkennen und aufzuarbeiten, Teilhabe muss jeden Menschen in unserem Land erreichen. Deshalb brauchen wir einen neuen Patriotismus, keinen Nationalismus, sondern ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das nicht ausgrenzt. Wir brauchen einen Patriotismus der Solidarität, der verwurzelt ist im Eigenen und der offen ist für das, was an neuen Herausforderungen auf uns zukommt. Wir brauchen einen weltoffenen Patriotismus, der nicht nur auf unser Land schaut, sondern auch auf Europa und die Welt. Gerade so wird das Geschenk der Demokratie gesichert“, betonte Kardinal Marx.

Der politische Empfang stand unter dem Leitwort „Bewegte Freiheit: 1919 – 1949 – 1989 – 2019“. In seiner Begrüßung vor über 300 Gästen betonte der Bischof von Dresden-Meißen, Bischof Heinrich Timmerevers, dass die Freiheit den Menschen „zum verantwortungsvollen Gebrauch in die Hände gelegt“ worden sei. „Möge uns der Wert dieses Geschenks der Freiheit bewusst bleiben. Die Gesellschaft ist aufgerufen, damit ein friedliches Europa zu gestalten“, so Bischof Timmerevers.


Bewegte Freiheit - so lautete der Titel des Abends im Dresdner Verkehrsmuseum.

Bewegte Freiheit - so lautete der Titel des Abends im Dresdner Verkehrsmuseum.


"Vierzig Jahre habt Ihr auf Marx gewartet, nun ist er da" - mit einem Augenzwinkern berichtete der Vorsitzende der Bischofskonferenz, wie er seine ersten Vorträge nach der Friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR gerne eröffnete.

"Vierzig Jahre habt Ihr auf Marx gewartet, nun ist er da - in Gestalt eines katholischen Priesters." - Mit einem Augenzwinkern berichtete der Vorsitzende der Bischofskonferenz, wie er seine ersten Vorträge nach der Friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR gerne eröffnete.


Diakon Dr. Daniel Frank, Leiter des Katholischen Büros Sachsen, dankte Kardinal Marx mit einer Kerze aus dem Jahr der Friedlichen Revolution 1989 und sächsischem Wein für seinen Besuch in Dresden.

Diakon Dr. Daniel Frank, Leiter des Katholischen Büros Sachsen, dankte Kardinal Marx mit einer Kerze aus dem Jahr der Friedlichen Revolution 1989 und sächsischem Wein für seinen Besuch in Dresden.

Text: Matthias Kopp / DBK
Fotos: Michael Baudisch



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