Europas Erbe als Chance? Katholische Kirche und die Europäische Union

Rückblick auf einen anregenden und informativen Abend in Dresden-Cotta

Katholische Kirche und EU

Kirche und Politik – so manch eine/r von uns Christ(inn)en hebt da vielleicht die Hand und meint: Kirche besinne dich auf deine Kernaufgabe, feiere die hl. Eucharistie und kümmere dich um die Verbreitung des Evangeliums und halte dich aus der Politik heraus.
Doch wie soll das funktionieren? Hier der Bereich Kirche – da der weltliche Bereich?
Hat sich nicht auch Jesus den Anfragen und Nöten seiner Zeit zugewandt? So mancher Anfrage aus dem Volk und den Herrschenden hat er sich gestellt („Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“).

Am 15. April trafen sich in St. Marien Dresden-Cotta rund 50 Teilnehmer(innen), die mehr über den Zusammenhang der Katholischen Kirche und der Europäischen Union erfahren wollten.

Eingeladen hatten dazu im Vorfeld der Europawahl die Pfarrei St. Marien Dresden-Cotta, die Katholische Akademie und die Kolpingfamilie.

Pater Sylwester Wydra, Pfarrer von St. Marien, begrüßte Markus Vennewald von der COMECE in Brüssel, Martin Modschiedler vom Sächsischen Landtag und Hannes Koch aus der Staatskanzlei sowie die Gäste aus unterschiedlichen Gemeinden. Dr. Thomas Arnold moderierte den Abend, der durch Statements der Gäste und die anschließende Diskussion informativ und kurzweilig war.

So bekamen wir u.a. einen Einblick, welche nicht unbedeutende Rolle die Europäische Bischofskonferenz in der EU spielt und dass das heutige Zusammenwirken der EU auf dem Subsidiaritätsprinzip basiert, welches Oscar von Nell-Breuning, damaliger Berater von Pius XI., im Rahmen der berühmten Sozialenzyklika „Quadragesimo Anno“ von 1931 entwickelte und eben heute noch gilt; und auch im Freistaat Sachsen, wie Herr Modschiedler und Herr Koch betonten.

Es wurde jedoch auch deutlich, dass die Bedeutung der Kirchen für die EU in den Gemeinden kaum bekannt ist. Der Wunsch, doch künftig mehr über die Wahrnehmung von Verantwortung der Kirche in Europa zu erfahren, verstärkte sich an diesem Abend deutlich. Ansporn genug für den Informationsbedarf war die Feststellung, dass die wenigsten der Anwesenden bis dato überhaupt von einer „Kommission der europäischen Bischöfe“ COMECE gehört hatten.

Katholische Kirche und EU

Der Abend, der von den Teilnehmenden als positiv-anregend wahrgenommen wurde, ging mit dem Gebet für Europa zu Ende:

Vater der Menschheit,
Herr der Geschichte!
Sieh auf diesen Kontinent,
dem du die Philosophen, die Gesetzgeber und die Weisen gesandt hast,
Vorläufer des Glaubens an deinen Sohn, der gestorben und wieder
auferstanden ist.
Sieh auf diese Völker, denen das Evangelium verkündet wurde,
durch Petrus und durch Paulus,
durch die Propheten, durch die Mönche und die Heiligen.
Sieh auf diese Regionen,
getränkt mit dem Blut der Märtyrer,
berührt durch die Stimme der Reformatoren.
Sieh auf diese Völker, durch vielerlei Bande miteinander verbunden,
und getrennt durch den Hass und den Krieg.

Gib, dass wir uns einsetzen
für ein Europa des Geistes,
das nicht nur auf wirtschaftlichen Verträgen gegründet ist,
sondern auch auf menschlichen und ewigen Werten:
Ein Europa, fähig zur Versöhnung,
zwischen Völkern und Kirchen,
bereit um den Fremden aufzunehmen,
respektvoll gegenüber jedweder Würde.

Gib, dass wir voll Vertrauen unsere Aufgabe annehmen,
jenes Bündnis zwischen den Völkern zu unterstützen und zu fördern,
durch das allen Kontinenten zuteilwerden soll
die Gerechtigkeit und das Brot,
die Freiheit und der Friede. AMEN.

Carlo Maria Kardinal Martini (1927–2012)


Text: Maria Groß, PGR- Vorsitzende St. Marien Dresden-Cotta
Fotos: Pater Sylwester Wydra



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