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Bistum Dresden Meissen
28. März 2022

„Vielfalt in Führung“

Online-Tagung über Diversität in Führungspositionen der Kirche

Bonn. Mehr Frauen, diversere Teams, attraktive Stellenausschreibungen für Leitungspositionen: Mit Lösungsansätzen für mehr „Vielfalt in Führung“ in kirchlichen Kontexten beschäftigten sich rund 80 Fachleute aus der Personal- und Organisationsentwicklung sowie Gleichstellungsbeauftragte von Bistümern, kirchlichen Verbänden und Einrichtungen. Sie stellten mit den Themen eine ausdrückliche Verbindung zu den Beratungen des Synodalen Weges her. Die am 25. März beendete zweitägige Online-Tagung „Vielfalt in Führung“ wurde veranstaltet von der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, dem Hildegardis-Verein, den Gleichstellungsbeauftragten der Bistümer und dem Katholisch-Sozialen Institut. Aus dem Bischöflichen Ordinariat in Dresden nahmen Silke Meemken, Leiterin der Hauptabteilung Pastoral und Verkündigung, und Steffi Barth, Referentin der Hauptabteilung Personal, an der Tagung teil. 

„Durch die beeindruckende und sehr erfolgreiche Kampagne #OutInChurch hat die
Dringlichkeit des Themas der Vielfalt in der kirchlichen Dienstgemeinschaft ein Gesicht
bzw. viele Gesichter bekommen,“ sagte die Generalsekretärin der Deutschen
Bischofskonferenz, Dr. Beate Gilles. Die Professionalität der Kampagne lasse ahnen,
welches Potential in den kirchlichen Mitarbeitenden stecke und wie wichtig es sei, „dieses als Aktivposten zu sehen“. Einer der seidenen Fäden, an denen die Kirche hängt, sei die Frage: Gelingt es, zu zeigen, dass wir ernst machen mit der Beteiligung von Frauen in der Kirche? „Mein Traum ist, dass in den zukünftigen Bestenlisten der Top-Arbeitgeber die katholische Kirche eine größere Rolle spielt; ich bin gespannt auf die Strategien, die hier geboren werden“, so Gilles. Ein Workshop behandelte die Grundordnung des kirchlichen Dienstes für in der Kirche Beschäftigte, die aktuell von den Bischöfen überabeitet wird. 

Der Vorsitzende der Unterkommission Frauen in Kirche und Gesellschaft der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Peter Kohlgraf, nannte in seinem Videostatement die Selbstverpflichtung der deutschen Bischöfe aus dem Jahr 2018, den Anteil von Frauen in kirchlichen Leitungspositionen auf „ein Drittel und mehr“ zu steigern als Hintergrund der Tagung. Frauen seien in Leitungspositionen in kirchlichen Organisationen nach wie vor nicht selbstverständlich und daher eine „produktive Störung“, unterstrich Referentin Dr. Andrea Qualbrink, Leiterin des Bereichs Personalentwicklung im Bistum Essen. „Die Störung tut den Systemen gut, verlangt aber den Frauen und den Organisationen etwas ab“, so Qualbrink. Innovation und Kreativität entstehe nicht automatisch durch die Integration einzelner Frauen auf den Leitungsebenen, sondern durch eine lernwillige Organisation, die unter anderem diskriminierungsanfällige Strukturen und Kulturen identifiziere und unterbinde.

Dr. Eva Voß, Head of Diversity, Inclusion and People Care bei der Bank BNP Paribas, erklärte, Organisationen müssten eine Vielfalt an Lebens- und Arbeitsmodellen spiegeln, um im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte bestehen zu können. Es brauche Führungskräfte, die sich und ihre unbewussten Wahrnehmungsverzerrungen reflektieren und Ambivalenzen aushalten können.

„Es ist unsere Überzeugung, dass christliche Identität in Vielfalt nicht durch ein sanktionierendes Arbeitsrecht, sondern durch die Gestaltung offener Dialogprozesse in der Organisation wachsen kann,“ sagte Dr. Dorothee Steiof vom Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die Caritas orientiere sich an der christlichen Botschaft einer voraussetzungslosen Liebe Gottes, die allen Menschen gilt. „Menschen in ihren unterschiedlichen Religionen, Weltanschauungen, Lebensformen oder sexuellen Identitäten können Zeuginnen und Zeugen für diese Liebe sein.“ Bewusst und transparent gestaltete Vielfalt in kirchlichen Organisationen trage dazu bei, dass sich alle Mitarbeitenden willkommen fühlen und führe zu einer tieferen Identifikation mit dem Arbeitgeber, berichtete Steiof ihre Erfahrung.

In ihrem Referat erklärte Prof. i. R. Dr. Uta Meier-Gräwe den geringen Frauenanteil an Leitungspositionen in Deutschland mit „Unconscious Bias“ (unbewussten Vorurteilen) bei Führungskräften. Frauen hätten in den vergangenen beiden Jahrzehnten überproportional von der Bildungsexpansion in Deutschland profitiert, deshalb müsse ihr Know-how auf sämtlichen Führungsebenen zum Tragen kommen. „Das Argument ‚Wir finden keine geeignete Frau‘ hält heute keiner ernstzunehmenden Prüfung mehr stand“, sagte die Soziologin und Haushaltsökonomin. Frauen als Führungskräfte könnten aktiven Einfluss auf die Außendarstellung und familienfreundliche Arbeitsumgebung nehmen; diverse Führungsteams agierten sehr viel erfolgreicher. Die meisten Frauen scheiterten an der „gläsernen Decke“ als Folge des Prinzips, sich bevorzugt mit Seinesgleichen zu umgeben.

Das Ziel von mehr Frauen in Führung sei „aufgrund der hinhaltenden Abwehr männlicher
Entscheidungsträger derzeit nur durch Frauenquoten zu erreichen, ergänzt durch eine
stärkere Selbstreflexion im Umgang mit unbewussten Vorurteilen oder Stereotypen“, so
Meier-Gräwe, die Sachverständige für einen Familienbericht und zwei
Gleichstellungsberichte der Bundesregierung war. 

Die Veranstalterinnen zeigten sich zufrieden mit den Tagungsergebnissen. „Es gibt diese
qualifizierten und hochmotivierten Frauen in der Kirche“, betonte Dr. Aurica Jax, Leiterin
der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, und verwies auf
das 2015 gestartete Programm „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“ als
erfolgreichen Weg, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen in der katholischen
Kirche zu erhöhen und zugleich Frauen in Führung zu vernetzen. Das in Kooperation von
Deutscher Bischofskonferenz und dem Hildegardis-Verein getragene Mentoring-
Programm sei ein „Modell für das Miteinander in der Kirche, wie wir es gegenwärtig auch
auf dem Synodalen Weg erleben“, sagte die Vorsitzende des Hildegardis-Vereins, Prof. Dr.
Charlotte Kreuter-Kirchhof. Beim virtuellen Kamingespräch diskutierten mit Dr. Beate
Gilles, Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa, dem Speyrer Generalvikar Andreas
Sturm und der Leiterin der Hauptabteilung Pastoralpersonal der Diözese Aachen,
Margherita Onorato-Simonis, vier namhafte kirchliche Führungskräfte die Frage, wie
attraktiv Führung für Frauen in der katholischen Kirche ist.