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Bistum Dresden Meissen

Grundlagen queere Pastoral

 *queer ist eine Sammelbezeichnung für lesbische, schwule, bi-/trans-/intersexuelle Menschen und Menschen, die sich keiner dieser Kategorien zuordnen können

"Wer bin ich, ihn zu beurteilen?"

Papst Franziskus über einen homosexuellen Menschen

Der Assistent von Pressesprecher Lombardi, Pater Thomas Rosica, sagt u. a. beim Pressebriefing am 12.Okt.2015 im Kontext des synodalen Prozesses zu Ehe und Familie in Rom:

„Das Thema der neuen Familienformen ist ebenfalls aufgekommen. Es gibt alle Arten von neuen Familienformen, die neu dazu kommen. Und die Kirche ist in der Mitte von ihnen. Wir haben alleinerziehende Familien. Eltern interreligiöser Familien. Familien mit gleichgeschlechtlichen Paaren. Familien ohne die enge Unterstützung der Großeltern oder mit der Abwesenheit von Großeltern. Familien mit Großeltern und Kindern ohne die Anwesenheit der Eltern. Familien, die durch kontinuierliche Migrations- oder Flüchtlingsschwierigkeiten in der Welt voneinander getrennt sind. Intergenerationelle Armut. Viele Familien fallen einfach aus unseren pastoralen Strategien heraus. […]  Wir müssen es schaffen, auch diejenigen zu erreichen, die nicht in unsere traditionellen Kategorien passen. Neue Familienformen dürfen nicht mehr aus der Kirche eliminiert werden. Und die Kirche kann nicht mehr abseits bleiben von diesen Situationen."(Übersetzung: Dr. Holger Dörnemann, Köln)

Was bereits im Kontext der Bischofssynode zu Ehe und Familie in Rom (2014/15) so zum Ausdruck kam, findet sich wieder, wenn Papst Franziskus in Amoris Laetita (Über die Freude der Liebe in der Familie) schreibt:

"Das Ergebnis der Überlegungen der Synode ist nicht ein Stereotyp der Idealfamilie, sondern eine herausfordernde Collage aus unterschiedlichen Wirklichkeiten, voller Freuden, Dramen und Träume." (AL 57)

Längst wird innerhalb unserer Kirche diskutiert, dass und wie gleichgeschlechtliche Paare in ihrer verbindlich gelebten Beziehung gesegnet werden können. Die kontrovers geführten Diskussionen können nicht am Kenntnisstand der Humanwissenschaften vorbei gehen. Hier gibt es heute klare Erkenntnisse zur menschlich-sexuellen Entwicklung, die einen Perspektivwechsel in der Einschätzung von Homosexualität mit sich bringen.

 

Stand der Humanwissenschaften zu Homosexualität

Expertentreffen der Familienkommission der Bischofskonferenz

Ist das lehramtliche Verbot praktizierter Homosexualität noch zeitgemäß? Ist Homosexualität eine normale sexuelle Ausrichtung? Ist eine sexuelle Beziehung nach einer Scheidung "schwere Sünde"? Darüber diskutierten deutsche Bischöfe mit Experten.

Bonn - 06.12.2019

Die katholischen Bischöfe in Deutschland haben "jedwede Form einer Diskriminierung von homosexuell veranlagten Menschen" zurückgewiesen. "Kontrovers diskutiert wurde jedoch die Frage, ob das lehramtliche Verbot praktizierter Homosexualität noch zeitgemäß ist", hieß es am Donnerstag in Anschluss an ein Expertentreffen der Kommission für Ehe und Familie der Deutschen Bischofskonferenz.

Die "Fachkonsultation" in Berlin wurde in Verbindung mit dem von Andreas Lob-Hüdepohl geleitete Institut für christliche Ethik und Politik (ICEP) veranstaltet. Zu den Teilnehmern gehörten der Berliner Erzbischof Heiner Koch, der auch Vorsitzender der Familienkommission ist, sowie die Bischöfe Franz-Josef Bode (Osnabrück), Wolfgang Ipolt (Görlitz) und Peter Kohlgraf (Mainz). Anwesend waren außerdem Mediziner und Theologen.

Anlass für den Austausch war der "synodale Weg". Bei dem unlängst gestarteten Dialog zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland soll es auch um die kirchliche Sexualmoral gehen. Erzbischof Koch betonte, dass der "synodale Weg" zwar unvoreingenommen und ohne schon festliegende Positionen begonnen werden solle, aber keineswegs ohne Kenntnis des Standes der Wissenschaften.

Homosexualität normale Form einer sexuellen Prädisposition

Einverständnis herrschte darüber, dass die sexuelle Präferenz des Menschen sich in der Pubertät ausprägt und eine hetero- oder homosexuelle Ausrichtung annimmt. Beide gehörten zu den normalen Formen einer sexuellen Prädisposition, die durch keine spezifische Sozialisation veränderbar sei oder verändert werden müsse.

Was das Zusammenleben heterosexueller Paare anbelangt, so verwiesen die Bischöfe Koch und Bode auf das päpstliche Lehrschreiben "Amoris laetitia". Das Schreiben werte eine sexuelle Beziehung nach Scheidung und Wiederheirat nicht weiter pauschal als schwere Sünde und sehe damit auch keinen generellen Ausschluss mehr vom Empfang der Eucharistie vor.

Uneins waren sich die Teilnehmer darüber, ob die Anwendung künstlicher Empfängnisverhütungsmittel in der Ehe und bei nichtverheirateten Paaren erlaubt sein sollte. Die katholische Kirche hält bislang nur natürliche Methoden der Verhütung wie die Temperatur- oder Zyklusmethode für moralisch vertretbar. (KNA)

https://www.katholisch.de/artikel/23826-bischoefe-mit-wissenschaftlern-einig-homosexualitaet-ist-etwas-normales abgerufen: 14.01.2020



Eine gute Zusammenstellung das Sachstandes hat die katholische Kirche in Oberösterreich zusammengestellt und zugelich den Kontext römischer Positionen dazugelegt.

Wissenschaftliche Erkenntnisse und römische Positionen



 

Bischof Timmerevers zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare

"Katholische Kirche muss sich neu positionieren"

Bischof Timmerevers befürwortet Segnung homosexueller Paare

"Ich weiß durchaus, dass eine Integration von Homosexuellen und mein jetziges Bemühen darum in unserer Kirche nicht von allen mitgetragen wird": Dresdens Bischof Heinrich Timmerevers plädiert für eine Neupositionierung der katholischen Kirche beim Umgang mit Homosexualität.

Von Karin Wollschläger (KNA) |  Dresden - 28.09.2020

Der Umgang mit Homosexualität in der katholischen Kirche sorgt immer wieder für Kontroversen. Bischof Heinrich Timmerevers will jetzt in seinem Bistum Dresden-Meißen die Seelsorge für Homosexuelle aus- und Vorurteile abbauen. Der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte er am Montag in Dresden, dass sich diesbezüglich in der Kirche einiges ändern müsse und er eine Segnung homosexueller Paare begrüßen würde.

Frage: Herr Bischof, Sie haben vor kurzem eine Gemeindereferentin und einen Pfarrer eigens für die Homosexuellen-Seelsorge beauftragt. Ihnen scheint das Thema am Herzen zu liegen.

Timmervers: Ich bin an verschiedenen Orten im Bistum der Gruppe schwul-lesbischer-transsexueller Christen begegnet, und sie haben mir ihre Lebens- und Glaubensgeschichten erzählt. Das hat mich sehr nachhaltig bewegt, weil ich gemerkt habe, welch ein Ringen da bei vielen stattfindet. Sie wollen Christen sein und ihren Glauben auch in der Kirche leben. Und in diesem Ringen will ich diese Menschen nicht alleine lassen.

Frage: Was bedeutet das konkret?

Timmerevers: Eine Erkenntnis meiner Beschäftigung mit dem Schreiben "Amoris laetitia" von Papst Franziskus ist: Wir haben in einigen Feldern eine sehr ausgrenzende Pastoral betrieben. Wenn jemand nicht unseren Normen entspricht, dann hat er kaum eine Chance, inmitten der Kirche zu leben. Gegen diese Ausgrenzung müssen wir angehen, daran müssen wir arbeiten. Es ist mir ein Anliegen, dass wir in unseren Gemeinden wie in der ganzen Kirche für Homosexuelle Akzeptanz und Toleranz weiterentwickeln und stärken. Insofern sollen die beiden Seelsorger, die ich jetzt beauftragt habe, ein Signal sein: Wir sind für diese Gruppe da.

Frage: Ihr Vorstoß in diesem Bereich ist für die katholische Kirche nicht selbstverständlich. Inwieweit gibt es auch Kritik?

Timmerevers: Ich weiß durchaus, dass eine Integration von Homosexuellen und mein jetziges Bemühen darum in unserer Kirche nicht von allen mitgetragen wird. Ich glaube, viele Bischöfe und Seelsorger finden das befremdlich, weil sie vielleicht auch keine Berührungspunkte haben. Dadurch, dass ich es jetzt anstoße, kann ja auch ein Prozess des Nachdenkens angestoßen werden. Das müssen wir auf allen Ebenen tun, in unseren Gemeinden, aber auch in der Bischofskonferenz. Und nicht zuletzt muss sich meines Erachtens die katholische Kirche da neu positionieren: Wie gehen wir mit Gleichgeschlechtlichen in unserer Pastoral um, und wie bewerten wir das?

Frage: Haben Sie Verständnis für homosexuelle Paare, die um einen kirchlichen Segen für ihre Partnerschaft bitten.

Timmerevers: Ja, das kann ich verstehen.

Frage: Bislang ist solch ein Segen in der katholischen Kirche nicht erlaubt...

Timmerevers: Die Frage ist doch: Was segne ich? Ich segne Menschen. Und wenn ein Mensch vor mir steht und um einen Segen bittet - wie kann ich diesen Segen verweigern? Ein Segen ist ja der Zuspruch Gottes. Zu unterscheiden davon ist, dass ich mit solch einem Segen ja nicht alles "absegne" und gut finde, was diese Menschen tun. Da muss man sehr differenziert hinschauen.

Frage: Das heißt, Sie würden es begrüßen, wenn die katholische Kirche eine Segnung homosexueller Paare erlauben würde?

Timmerevers: Ja. Man muss sich natürlich über die Form Gedanken machen. Aber grundsätzlich würde ich solch eine Öffnung begrüßen.

 

https://www.katholisch.de/artikel/27026-bischof-timmerevers-befuerwortet-segnung-homosexueller-paare
abgerufen: 29.09.2020

Sakrament oder Segen? Ein Gespräch

Das Sakrament der Ehe ist Mann und Frau vorbehalten. Aber könnte es für gleichgeschlechtliche Paare einen Segen geben?

Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann analysiert den Vorschlag aus theologischer Sicht.

Von Karin Wollschläger (KNA) |  Erfurt - 13.01.2018

In die kontroverse katholische Debatte über mögliche Segnungen von homosexuellen Paaren kommt Bewegung. Angeregt hat die Diskussion der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Doch was sind die theologischen Argumente? Was muss in der Debatte alles mit bedacht werden? Der Erfurter Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann weiß mehr.

Frage: Herr Professor Kranemann, mit welcher theologischen Begründung lehnt die katholische Kirche eine Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren ab?

Kranemann: Man befürchtet, es könnte automatisch eine Lebensform gutgeheißen werden, die man theologisch ablehnt. Es ist ja so: Der Katechismus verbietet ganz klar eine Diskriminierung von homosexuellen Menschen. Insofern lehnt die Kirche nicht den Menschen als solchen ab, durchaus aber gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Sie beruft sich auf Bibel und Tradition und führt als Begründung an, dass in solchen Beziehungen keine Weitergabe des Lebens, also die Zeugung von Kindern möglich ist. Deshalb sind homosexuelle Paare nach der Lehre der katholischen Kirche vom Sakrament der Ehe ausgeschlossen.

Frage: Aber es geht ja hier nicht um das Sakrament, sondern um einen Segen...

Kranemann: In der Tat gibt es bislang noch keine wirkliche theologische Diskussion in der Kirche, in welcher rituellen Form die Heilszusage Gottes - das meint ja der Segen - für diese Paare ausgedrückt werden kann. Ich finde es theologisch problematisch, wenn man den Segen abhängig macht von der moralischen Bewertung menschlichen Verhaltens. Bei traditionellen Autosegnungen beispielsweise werden die Fahrer ja auch unabhängig von ihrem Fahrverhalten gesegnet. Der Kirche ist aufgetragen, den Segen Gottes als Zusage weiterzugeben. Der Gesegnete soll aus dem, was ihm zugesprochen worden ist, leben.

Frage: Wie beurteilen Sie die Argumentation, dass man einer Verwechslung mit dem Sakrament der Ehe vorbeugen will?

Kranemann: Das kann ich nicht nachvollziehen, zumal es diese Sorge in anderen Bereichen nicht gibt: Wir haben das Sakrament der Taufe, und gleichzeitig werden in vielen katholischen Krankenhäusern Segnungsfeiern für Neugeborene angeboten. Das nehmen konfessionslose Eltern sehr gerne an, und ihnen bedeutet dieser Segen für ihr Kind sehr viel. Es ist ein pastorales Angebot, das der pluralen Lebenswirklichkeit der Menschen und ihrem Bedürfnis nach Stärkung gerecht wird. Die Kirche hat vielfältige Erfahrungen, wie man eine solche Unterscheidbarkeit gewährleistet.

Frage: Kann man denn eine Segnung als eine Art "Vorstufe" zum Sakrament verstehen? Ließe sich daraus ein Automatismus ableiten?

Kranemann: Segnungen sind vielfältig, manche führen auf ein Sakrament hin, andere ruhen einfach in sich selbst. Der Segen muss nicht automatisch oder zwangsläufig eine Vorstufe zum Sakrament sein. Wir sollten aufpassen, dass wir nicht gleich eine Abwertung vornehmen, wenn wir sagen, es sei ja "nur" ein Segen. Für die Menschen, die um diesen Segen bitten, geht es um etwas sehr Bedeutsames.

Frage: Was bedeutet es theologisch, jemandem, der um einen Segen bittet, diesen zu verweigern?

Kranemann: Wenn ich Segen so verstehe, dass damit jemandem die Nähe Gottes zugesprochen wird, damit Leben gelingen kann, dann bringt das auch die Abhängigkeit des Menschen mit all seinen Lebensbezügen von Gott zum Ausdruck. Menschen die Zusage der Gnade Gottes vorzuenthalten, ist sehr schwierig. Ich halte es theologisch für höchst problematisch, wenn man Menschen solch einen Segen abspricht, den sie für sich als notwendig erachten. Menschen haben auch ein Recht darauf, dass ihnen die Gnade Gottes zugesprochen wird, wie der Pastoraltheologe Ottmar Fuchs in seinen jüngsten Studien ausführt. Außerdem entfremdet solch eine Vorenthaltung auch die Menschen von Gott. Mit dieser Frage müssen sich Kirche und Theologie sehr ernsthaft auseinandersetzen.

Frage: In vielen Bistümern werden zum Valentinstag Segnungsgottesdienste "für Liebende" angeboten. Das ist sehr offen formuliert. Nutzen auch homosexuelle Paare dieses Angebot?

Kranemann: Das weiß ich nicht. So oder so gilt aber: Wir müssen uns in der Debatte über solche Segnungen auch Gedanken machen, welche Form, welche Ritengestalt sie haben sollen, welche Zeichen und Symbole sinnvoll, welche angemessen sind. Hier sind Kirche und Theologie gefordert.

Frage: Was ist Ihre Empfehlung für die Debatte?

Kranemann: Die theologische Diskussion muss ernsthaft, sachlich und offen, aber auch zügig geführt werden - schließlich geht es um menschliche Wertschätzung und pastorale Verantwortung. Ausgangspunkt sollte dabei sein, dass der Katechismus eine Diskriminierung von Homosexuellen verbietet. Auch Papst Franziskus betont das ausdrücklich. Und ich finde gut, dass der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, immerhin stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, das Thema nun in Deutschland anschiebt. Es gibt gesellschaftliche Veränderungen und Herausforderungen, etwa auch durch die neue "Ehe für alle", es gibt veränderte theologische Einschätzungen mit Blick auf Homosexualität, und die Kirche ist hier in einem guten Lernprozess.

Von Karin Wollschläger (KNA)

Zur Person:
Benedikt Kranemann ist seit 1998 Professor für Liturgiewissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt. Zuvor war er in Münster, Trier und Fribourg tätig.

https://www.katholisch.de/artikel/16144-theologe-darum-braucht-es-den-segen-fuer-homosexuelle abgerufen: 12.01.2020

 

Kontakt

Claudia Leide
Leiterin Fachbereich Partnerschaft, Familie und Lebensformen
0351 31563-311
0351 31563-2-311
claudia.leide@bddmei.de

Bistum Dresden-Meißen

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01309 Dresden

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Kerstin Walther
Sekretärin Abteilung Kinder-Familie-Jugend
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