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Bistum Dresden Meissen

Sichtweisen des Glaubens

Innenansichten des Glaubens

Ihren Ausdruck finden die Sichtweisen des inneren Menschen in Gebeten, Meditationen und kurzen spirituellen Impulsen.

Glaube gewinnt an Dynamik durch (Mit)teilen. Bringen Sie sich mit Ihren Sichtweisen des Glaubens ein! Für eine begrenzte Zeit wird Ihr Beitrag hier zu sehen sein.  

Nutzen Sie meine E-Mailadresse, um Ihre als Gebet, Meditation oder kurzen spirituellen Impuls zum Ausdruck gebrachte Sichtweise des Glaubens einzureichen.

norbert.mothes@bddmei.de

Adventlicher Weg

Den Lebensweg gehen ...

Die Spur aufnehmen ...

Welche?

 

Zuerst führt sie auf mich zu. Gott will bei mir ankommen.

 

Ich lasse mich auf den Lebensentwurf vieler ein, die sich auch glaubend, hoffend und liebend auf den Gott unseres Lebens eingelassen haben und einlassen. Ich spüre, dass dieser Lebensentwurf tragfähig ist.

„Der Weg entsteht im Gehen, wie durch ein Wunder.“ (Reinhold Schneider)

 

Norbert Mothes

Erwartungshaltung (1)

Was erwarte ich vom Leben?

Diese Frage lässt nicht auf die Schnelle beantworten.

Die Erwartungshaltung des alttestamentlichen Gottesvolkes lässt sich drei Themenkreisen zuordnen:

Heil

Segen

Fülle

 

Norbert Mothes

Erwartungshaltung (2)

„Jungfräulichkeit“ als religiöse Metapher

 Um einen Lebensstil in der Haltung des Erwartens zu kennzeichnen, wird von alters her das Symbolwort Jungfräulichkeit verwendet.

„Jungfräulichkeit“ definiert den Menschen als liebesbedürftiges und geliebtes Wesen, das nur in der Liebe Gottes zur Vollendung gelangt.

Fakt ist, dass dieses Symbolwort durch eine weithin eingetretene inhaltliche Gewichtung auf den Bereich des Sexuellen hin stark belastet ist. Jedoch hat diese Benennung für die spirituelle Praxis eine hohe Bedeutung, weil sich nicht wirklich ein adäquater Ausdruck dafür finden lässt.

„Jungfräulichkeit“ meint im Altertum primär den psychologischen Zustand des jungen Mädchens vor der Ehe, die körperliche Unversehrtheit spielt eine untergeordnete Rolle. Die ist unschwer nachzuvollziehen. Denn bis in das 20. Jahrhundert hinein wurde die junge Frau vorwiegend passiv definiert: Sie musste warten, bis sie von einem Mann beispielsweise zum Tanz aufgefordert oder gar heimgeführt wurde. Die junge Frau definierte sich also nicht aus sich selbst, sondern durch den zukünftigen Mann. Diese wartende Passivität wurde schließlich zur religiösen Metapher.

Anton Rotzetter, Aus Liebe zum Leben, S. 97

Erwartungshaltung (3)

Es geht bei der Jungfräulichkeit eben letztlich nicht um das biologische „Frausein“, von dem dann die Männer ausgeschlossen wären. Es handelt sich gerade nicht um eine geschlechts- und damit frauenspezifische Aussage, sondern um eine Gleichnisrede, die den Menschen als solchen meint. Man will etwas Grundlegendes über das Verhältnis von Mensch und Gott sagen.

Es ist demnach Unsinn zu sagen, dass z.B. das Evangelium von den fünf klugen und fünf törichten Jungfrauen (Mt 25,1-13) ein Frauengleichnis sei.  Was hier gesagt ist, wird vom Menschen gesagt, nicht bloß von Frauen, wobei es letztlich gleichgültig ist, ob sie verheiratet oder ledig sind. Weder das Frau- noch das Jungfrausein hat in solchem Reden eine biologische oder geschlechtsspezifische Bedeutung. Diese Jungfrauen stehen für die Christen und Christinnen, die auf die Wiederkunft Christi, des Bräutigams warten. Sie haben eine symbolische Bedeutung. Die junge Frau – das zeigt sich im Gleichnis auf eindrückliche Weise – definiert sich durch den, der kommt, durch eine potentielle, zukünftige Beziehung, die bereits hier und jetzt wirksam ist: Sie wartet, bis der kommt, der sie erwählt; der sie dann möglicherweise ein ganzes Leben lang innerlich bestimmen wird; mit dem sie mit Gewissheit ein ganzes Leben lang lebt. Die Christen sind, so will es das Evangelium, Menschen, deren Wesen es ist, zu warten. Sie warten auf den, der kommt, auf Jesus Christus, auf den Bräutigam.

Nochmals: es geht nicht um die Frau, sondern um den Menschen, der sich nicht aus sich selbst heraus definiert, sondern sich vom Geheimnis Gottes her zu verstehen und zu begreifen sucht. Jungfräulichkeit ist darum von allem Anfang an eine Charakterisierung des religiösen Menschen, meint eine realisierte Gottesbeziehung zunächst des Wartens auf Gott, des sehnsüchtigen Ausschauhaltens, des brennenden Verlangens und dann der Erfüllung, der Begegnung, der Umarmung. Wir stehen damit als Christen zu Gott letztlich in einem Verhältnis von Braut und Bräutigam.

Anton Rotzetter, Aus Liebe zum Leben, S. 100f

Erwartungshaltung (4)

Erfüllung, Leben, Zukunft und Kraft finden

Gott ist ein verrückter Liebhaber, um es mit dem Alten Testament noch einmal anders zu sagen; ein verrückter Liebhaber, der auf der Suche ist nach dem Menschen, und der Mensch ist die gesuchte Braut, die ebenso sehnsüchtig nach ihm Ausschau hält. Gott wählt und erfüllt den Menschen! Gott allein ist letztlich das Du, in dem der Mensch Erfüllung, Leben, Zukunft, Kraft findet.

Das gilt in Bezug auf die Frau und den Mann, was noch deutlicher wird, wenn wir uns vor Augen halten, dass der Begriff „virgo = Jungfrau“ im ersten christlichen Jahrhundert in erster Linie gerade nicht an einer Frau konkretisiert wurde, sondern am Lieblingsjünger Johannes. Es gibt viele Hymnen und Lieder auf die Beziehung zwischen Jesus und dem Lieblingsjünger. Berühmt ist die sogenannte „Johannes-Minne“ oder die „Johannes-Kommunion“, wie man bildlich ausdrückte, was den Inhalt dieser Beziehung ausmacht. Da wird Jesus dargestellt als Liebhaber, als Geheimnis der liebenden Zuwendung. Johannes dagegen wird dargestellt wie eine Frau, die sich am Herzen des Geliebten, Jesu eben, ausruht und sich in der Liebe des Bräutigams birgt, zu seinem Glück und zu seiner Seligkeit, wie man unschwer sehen kann.

Anton Rotzetter in Aus Liebe zum Leben, S. 101f

Erwartungshaltung (5)

Die Gottesgeburt

Der zweite Bezugspunkt zur Erschließung der Jungfräulichkeit ist Maria, die Jungfrau. Auch Maria begegnet uns in der Haltung des totalen Empfangens, des totalen Wartens. Sie definiert sich nicht aus sich selbst, sondern als Gefäß, das offen ist, als Haus, das sich öffnet, als Raum, in den hinein sich die Gegenwart des lebendigen Gottes ganz und gar ergießt, als Mutter, die das Geheimnis Gottes gebiert. Das ist gemeint, wenn wir von „Jungfrauen-Geburt“ reden.

In diesem Zusammenhang darf gesagt werden, dass sich derjenige, der die biologische Jungfrauen-Geburt behauptet, und derjenige, der sie leugnet, auf der genau gleichen materialistischen, biologistischen Verständnisebene bewegen. Sie beweisen beide immer nur, dass sie gar nichts verstehen. Gemeint ist mit dem Motiv der Jungfrauen-Geburt doch dies: Gott ergießt sich ganz und gar in Maria hinein, allein aus sich heraus, ohne dass sie es irgendwie verdient oder gar selber oder durch die Hilfe anderer herbeigeführt hätte. Nicht Fleisch und Blut, nicht männlicher Zugriff, nicht menschliche Leistung, kein selbstbewusstes Handanlegen irgendwelcher Art (vgl. Joh 1,13), einzig und allein Gott schafft sich eine Wohnung hier auf Erden, in einem konkreten Menschen, historisch in Maria und mystisch auch in allen Menschen, die sich ihm öffnen, und dann natürlich auch in denen, die die Jungfräulichkeit als Lebensform gewählt haben!

Erst wenn wir ein bloß biologisches Verständnis der „Jungfrauengeburt“ überwinden, eröffnet sich auch eine Möglichkeit für andere, für die Gemeinschaft der Kirche, für Frauen und Männer heute: Die Möglichkeit nämlich, dass Gott in jedem Menschen geboren werden kann, wenn er sich wie Maria verhält und versteht. Denn es ist durch eine lange mystische Tradition gesichert, dass in Maria abgebildet ist, was sich später als innerseelisches Ereignis ereignen könnte: das Innewohnen Gottes im Herzen der Menschen, in unserer Seele. Wir können wie Maria Gott in uns aufnehmen. Schon Franz von Assisi hat alle Christen mit Maria verglichen und gesagt: Wir können Gott empfangen; wir können seine Mütter sein, indem wir ihn empfangen, ihn in uns tragen und ihn gebären in einem heiligen Wirken.

Anton Rotzetter in Aus Liebe zum Leben, S. 108f

Ich bin für Sie da

Norbert Mothes
Pfarrer i.R.
0351 4260755
norbert.mothes@bddmei.de