Fakten kompakt

Die katholische Kirche kehrt ins Stadtzentrum von Leipzig zurück

Leipzig, 13.11.2008 (KPI): Die katholische Kirche plant einen Kirchenneubau in zentraler Lage von Leipzig. Das gaben Bischof Joachim Reinelt, Leipzigs Propst Lothar Vierhock, der Oberbürgermeister der Stadt Burkhard Jung und der Generalsekretär des katholischen Bonifatiuswerks Georg Austen auf einer Pressekonferenz am 10. November in der Messestadt bekannt. Die Leipziger Hauptpfarrei, die Propsteigemeinde St. Trinitatis, kehrt damit ins Zentrum der sächsischen Metropole zurück, wo sie bis zum Verlust ihres Gotteshauses durch Fliegerangriffe 1943/1944 ihren Standort hatte. Mit dem Wiederaufbau der Propstei in neuem Gewand in der Nonnenmühlgasse gegenüber dem Neuen Rathaus soll auch ein historisches Unrecht bereinigt werden. Zu DDR-Zeiten war der katholischen Propsteipfarrei der Wiederaufbau ihrer zerstörten Kirche am Innenstadtring – gegenüber dem Neuen Rathaus – verweigert worden.


Präsentierten auf einer Pressekonferenz die Neubaupläne (v.l.n.r.): Msgr. Georg Austen (Bonifatiuswerk), Propst Lothar Vierhock, Michael Sagurna (Medienberater), Bischof Joachim Reinelt, Oberbürgermeister Burkhard Jung, Sr. Susanne Schneider (Pfarrgemeinderat).


Der Standort der erst vor 25 Jahren gebauten heutigen Propsteikirche wird aller Wahrscheinlichkeit nach aufgegeben. Bischof Joachim Reinelt: „Wir haben uns diesen Entschluss nicht leicht gemacht. Niemand verlässt gerne eine Kirche, die gerade einmal 25 Jahre alt ist. Die Fakten haben uns aber davon überzeugt, dass die heutige Propstei nur mit unvertretbarem finanziellen Aufwand - die Gutachten sprechen von 4,5 Millionen Euro - zu sanieren wäre. Und auch danach wäre das Ergebnis ein halbherziger Kompromiss ohne Sicherheit für die Zukunft.“ In Abstimmung mit der Propsteigemeinde fiel daher der Entschluss für einen Neubau. Bischof Reinelt: „Wir wollen dabei die historische Chance nutzen, die Leipziger Propstei wieder näher an die Innenstadt heranzurücken." Dorthin, wo sie bis zu ihrer Zerstörung durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg stand. Dadurch würde auch ein historisches Unrecht beseitigt: Die Verdrängung der Katholiken aus dem Leipziger Stadtzentrum. Bischof Reinelt: "Die Propsteipfarrei rückt wieder in die Mitte der Stadt. Und das nicht nur geographisch. Christen sollen sich für ihre Stadt einsetzen. Daher ist es sinnvoll, in deren Mitte präsent zu sein."

Zur Geschichte der heutigen Propstei St. Trinitatis

Seit 1982 steht die Leipziger Propstei in der Emil-Fuchs-Straße. Selbst Einheimische kennen den Stahlbeton-Bau der größten katholischen Leipziger Gemeinde – am Rande des Rosental-Parks in der Nähe des Zoos – häufig nicht. Der etwas abseits gelegene Bauplatz war von den damaligen Stadtplanern durchaus erwünscht. Aus deren Sicht sollte die Kirche aus dem Stadtbild verschwinden. In einem zermürbenden Verwirrspiel hatten die Vertreter des DDR-Regimes in Stadtverwaltung und Regierung den Kirchenleuten die Genehmigung zum Wiederaufbau ihrer zerbombten Kirche mehrmals zunächst zugesichert und später wieder zurückgenommen. Zuletzt war der Wiederaufbau der Propsteikirche an ihrem ursprünglichen Standort ganz untersagt worden. Als Alternativen wurden allenfalls abgelegene und ungeeignete Bauplätze angeboten. Man spielte auf Zeit. Die Gemeinde war in diesen Jahren sonntags in vielen Gotteshäusern zu Gast. Seit dem 2. Weltkrieg feierte sie Gottesdienste in der Thomaskirche (1943-1945), in der Nikolaikirche (1945, 1968, heute), der Universitätskirche (1946-1968), der Petrikirche (1968), der Lutherkirche (1968-1982).


Kaum als Gotteshaus erkennbar: Die heutige Propsteikirche hinter dem Leipziger Zoo.


Die Aussicht auf ein Devisengeschäft – die katholische Kirche hatte die Möglichkeit zum Bau der Propsteikirche mit Finanzmitteln der bundesdeutschen Katholiken signalisiert – führte schließlich zu einem Umdenken der DDR-Staatsführung. Zwar konnte und wollte man auch durch den wirtschaftlichen Anreiz nicht über den eigenen ideologischen Schatten springen. Jedes kirchliche Bauvorhaben gegenüber dem Neuen Rathaus blieb ungenehmigt. Das DDR-Außenhandelsministerium übte aber ab 1975 spürbar Einfluss auf die Verantwortlichen der Stadt Leipzig aus, zu einem Kompromiss zu kommen. So wurde der Kirche schließlich das Gelände zwischen Elstermühlgraben und Rosental vorgeschlagen. Ohne große Begeisterung, doch unter dem Eindruck der nervenaufreibenden Verhandlungen der letzten Jahrzehnte, willigten die Kirchenverantwortlichen schließlich ein.

Bistumsverwaltung und Propsteipfarrei glaubten, zu einer zwar schmerzlichen, angesichts der politischen Verhältnisse jedoch akzeptablen Lösung gefunden zu haben. 1982 konnte Bischof Gerhard Schaffran die neue Propsteikirche einweihen. Nach 38 Jahren, 11 Monaten und 17 Tagen besaß die Gemeinde damit endlich wieder ein eigenes Gotteshaus. Für den Bau musste die Kirche allerdings die pfarreieigenen Grundstücke in der Rudolphstraße am Leipziger Stadtring sowie in der Friedrich-Ebert-Straße eintauschen.

Baumängel der Propstei

Die Freude über den Neubau, der mit sieben Millionen D-Mark Spenden aus den Bistümern der Bundesrepublik bezahlt und dessen Innenausstattung durch die Gemeinde finanziert wurde, währt allerdings nur kurz. Als Projektsteuer-Gruppe wurde der Propstei die Staatliche Bauakademie zugewiesen. Die staatlichen Vorgaben erzwingen einen Bau, der möglichst wenig nach Kirche aussieht.


Holzklötze unter den Kirchenbänken gleichen Senkungen im Kirchenschiff aus.


Bautechnisch kommt es zu dieser Zeit zu einer Reihe von Pleiten, Pech und Pannen. Das zwischen Elstermühlgraben und Rosental gelegene Grundstück erweist sich als denkbar ungeeignet für die Errichtung des Gebäudekomplexes. Zwar wird eine Spundwand gebaut, um das Wasser des anliegenden Elstermühlgrabens vom Gelände fernzuhalten. Die Mauer hindert aber gleichzeitig das Grundwasser daran, in den Bach abzufließen und belastet so das Fundament.

Bald schon muss man feststellen, dass die Bauverantwortlichen das Propsteigebäude nicht tief genug im Boden verankert haben. Die Folge: Das Gebäude senkt sich. Unter den Kniebänken im flusswärts gelegenen Teil der Kirche gleichen heute vier Zentimeter starke Holzklötze die Neigung des sanft abfallenden Fußbodens aus. Im Untergeschoss läuft das Grundwasser in die Kellerräume, bis 1985 sieben Brunnen entlang der Spundwand gebohrt werden, um die aufsteigende Feuchtigkeit zyklisch abzupumpen. In den Mauern zeigen sich Risse: anfangs zwischen Wohnhaus und Gemeinderäumen, später in den Stützwänden und heute in vielen Bauteilen des Komplexes. Die Risse werden immer augenscheinlicher. Durch die Flachdächer von Kirche und Gemeindehaus tropft das Wasser. Sie werden schon 1992 saniert. Das Problem ist damit allerdings bis heute noch nicht gänzlich behoben. Eine Komplettsanierung des Gebäudes ist – von Notreparaturen abgesehen – bis heute aufgeschoben worden. Zu unsicher schien den Verantwortlichen der Umfang der erforderlichen Baumaßnahmen.

Die katholische Kirche kehrt ins Stadtzentrum zurück

Zwei Gutachten gaben schließlich den Ausschlag, statt Rückbau oder Sanierung des heutigen Gebäudekomplexes den Schritt Richtung Stadtzentrum zu gehen. Auf mehrere Millionen bezifferten Gutachten die Kosten einer Sanierung des gesamten Gebäudekomplexes.

Angesichts dieser Summen und der unbefriedigenden Perspektiven am Rosental haben Bischof Reinelt, Propst Lothar Vierhock und die Gläubigen der Gemeinde nun den Blick Richtung Stadtzentrum gerichtet. In den Reihen der Leipziger Katholiken ist die Stimmung – trotz inzwischen langjähriger Verbundenheit mit dem heutigen Gebäude – pro Neubau eingestellt. Abstimmungen im Pfarrgemeinderat, im Kirchenrat und auch in der Dekanatspastoralkonferenz zeigten die Zustimmung für den Neubau.


Die im Krieg zerstörte erste Propsteikirche.


Und auch die evangelischen Christen unterstützen die Rückkehr der katholischen Kirche in die Innenstadt. In einem Gespräch mit Bischof Reinelt sagte Landesbischof Bohl, er freue sich, dass mit der Leipziger Propstei an wichtiger Stelle eine neue Kirche entstehe. Und auch Martin Henker, Superintendent des Kirchenbezirks Leipzig, und Pfarrer Christian Wolff von der Leipziger Thomaskirche haben ihrem katholischen Amtsbruder Lothar Vierhock Zustimmung signalisiert.

In der Stadt stößt das Bauvorhaben der Kirche auf Wohlwollen. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sagt, er habe das Vorhaben "von Anfang an vorbehaltlos unterstützt." Gleichzeitig lobt er die "Offenheit der Propsteigemeinde", die die Stadt frühzeitig in ihre Planungen mit einbezogen habe. Oberbürgermeister Jung: "Ich bin mir sicher, dass wir ein architektonisches Geschenk für Leipzig bekommen." Leipzigs Propst Lothar Vierhock zeigt sich besonders dankbar "für die parteiübergreifende Zustimmung. Die Stadt gibt uns die Chance zu einer Rückkehr in die Mitte von Leipzig. Wir gehen dorthin, wo die Propstei-Gemeinde vor knapp 300 Jahren ihren Anfang nahm."

Fast 4.000 Gemeindemitglieder zählt die Propstei St. Trinitatis aktuell. Insgesamt gehören allen Leipziger Pfarreien 20.900 Katholiken an, im Jahr 2000 waren es noch 19.200. Zahlen, die Mut machen.

Kosten und Finanzierung

Die Finanzierung des Neubaus, für den aktuell Kosten von etwa 10 Millionen Euro kalkuliert werden, stützt sich auf mehrere Säulen. Neben den Eigenmitteln des Bistums möchte die Propstei einen Förderverein gründen, um den Neubau der Propstei zu unterstützen. Das Bistum Dresden-Meißen zählt mit seinen 145.000 Gläubigen zu den Regionen in Deutschland, in denen die katholische Kirche nur einen sehr geringen Bevölkerungsanteil ausmacht. Kräftiger Rückenwind für das Projekt kommt von Seiten der Deutschen Bischofskonferenz. Am Wochenende vom 7. und 8. Februar 2009 soll der Inhalt der Spendenkörbchen aller Gottesdienste deutschlandweit diesem Zweck zugute kommen. Und auch das Bonifatiuswerk der Deutschen Katholiken, das sich für die katholische Kirche in der Diaspora engagiert, hat eine Unterstützung von einer Million Euro und Verwaltungshilfe zugesagt.


Hier soll die neue Propstei entstehen: Auf dem Grundstück Nonnenmühlgasse am Innenstadtring gegenüber dem Neuen Rathaus.


Katholische Kirchen-Neubauten gibt es nicht nur im Bistum Dresden-Meißen. Doch in keiner Stadt vergleichbarer Größe und Bedeutung scheint die katholische Kirche ähnlich aus dem Stadtzentrum gedrängt zu sein wie in Leipzig. Bischof Reinelt: "Der Bau kann gerade angesichts vieler Kirchenschließungen bundesweit ein Signal des Aufbruchs sein." 200 Gläubige der Propsteigemeinde wollen in Zukunft für das Projekt werben und bundesweit Gemeinden in Deutschland über den Neubau informieren.

Die nächsten Schritte

Der Grundstücksverkehrsausschuss der Stadt Leipzig hatte Anfang November beschlossen, dass mit der Propsteigemeinde Verhandlungen über das Grundstück Nonnenmühlgasse gegenüber dem Neuen Rathaus am Leipziger Stadtring aufgenommen werden sollen. Der Preis wurde mit etwa 1,3 Millionen Euro angesetzt. Schon in den nächsten Wochen soll es dort erste Baugrunduntersuchungen geben. In einem beschränkten Wettbewerb unter etwa einem dutzend Architekturbüros sollen ab Januar 2009 etwa ein halbes Jahr lang Entwürfe gesammelt werden, der Siegerentwurf für den Propsteibau soll im darauf folgenden Halbjahr ermittelt werden. Ein Herzensanliegen des neuen Kirchenprojektes soll nach Wunsch von Bischof Reinelt dabei der Blick für umweltgerechtes Bauen und Betreiben sein. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt wird daher die Bauplanungen beratend begleiten. Ziel laut Bischof Reinelt könnte dabei "die erste komplett umweltgerechte Kirche Deutschlands sein." Auch eine Kindertagesstätte soll unweit der Kirche in Trägerschaft der Caritas entstehen. Die aktuelle Propstei scheint aufgrund ihres maroden Bauzustands abgerissen werden zu müssen. Der Baubeginn der Kirche ist für 2010 geplant, bis 2012 möchte die Gemeinde in die neue Propsteikirche einziehen.

Wer den Wiederaufbau der neuen Propsteikirche und die Rückkehr der katholischen Kirche ins Leipziger Stadtzentrum unterstützen möchte:

Spendenkonto
Katholische Propstei Leipzig
LIGA-Bank eG
Kontonr. 208 29 50 26
BLZ 750 903 00
Stichwort: Neubau Propstei Leipzig


Text: Michael Baudisch


Einen Flyer mit den wichtigsten Informationen zum Propstei-Neubau können Sie hier als pdf-Datei herunterladen (1,5 MB)...


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