Ein Kirchen-Compositeur aus Dresden

Joseph Schuster rückt zu seinem 200. Todestag in den Blick der musikinteressierten Öffentlichkeit

Dresden, 06.03.12: Joseph Schuster (1748-1812) ist heute nur wenigen Spezialisten bekannt. Zwar wurden vier seiner Streichquartette lange als sogenannte „Mailänder Quartette“ dem jungen Wolfgang Amadeus Mozart zugeschrieben, und umgekehrt hatte sich dieser während seiner Reise nach Mannheim in einem Brief an den Vater vom 9. Oktober 1777 sehr positiv über einige Divertimenti Schusters für Cembalo und Violine geäußert. Innerhalb der zunehmenden Erschließung von Werken aus dem Repertoire der sächsischen Hofkapelle des 18. und frühen 19. Jahrhunderts steht Schuster dagegen bis heute im Schatten bekannterer Namen wie Johann Adolf Hasse (1699-1783) und Johann Gottlieb Naumann (1741-1801). Geboren als Sohn des aus Böhmen stammenden Sängers Joseph Schuster sen. (1722-1784), der als Kapellknabe nach Dresden gekommen war und 1741 eine Anstellung am sächsisch-polnischen Hof gefunden hatte, erhielt er zunächst Unterricht bei den Kirchen-Compositeurs Johann Georg Schürer (um 1720-1786) und Naumann.

1765 wurde er unter der Obhut des letzteren gemeinsam mit dem gleichaltrigen Franz Seydelmann (1748-1806) zur weiteren Ausbildung nach Italien geschickt. Nach ihrer Rückkehr erhielten beide 1772 ebenfalls eine Anstellung als Kirchen-Compositeurs am kursächsischen Hof. Wie Naumann reiste Schuster noch zweimal nach Italien und feierte dort mit seinen Opern große Erfolge. Nachdem ersterer 1786 ein lukratives Angebot des dänischen Hofes abgelehnt und in Dresden eine Anstellung auf Lebenszeit zu deutlich verbesserten Bedingungen erhalten hatte, wurden Schuster und Seydelmann – verbunden mit einer deutlichen Gehaltserhöhung – zu Kapellmeistern ernannt. In seinem Amt als Kirchen-Compositeur und Kapellmeister hat Schuster nicht nur zentrale Kapitel in der Geschichte der sächsischen Hofkapelle, sondern zeitweilig auch der Geschichte der Oper in Italien und Deutschland mitgeschrieben und wirkte nicht zuletzt durch seine Tätigkeit als Lehrer und Musizierpartner der kurfürstlich-königlichen Familie in Dresden traditionsbildend. In der Katholischen Hofkirche blieben einige seiner Werke bis in das 20. Jahrhundert hinein Bestandteil des Repertoires.

Trotz des wachsenden Interesses an der Dresdner Musik des 18. Jahrhunderts sind moderne Wiederaufführungen oder gar CD-Produktionen mit Werken von Joseph Schuster seltene Ausnahmen geblieben. Ebenso gibt es so gut wie keine neueren Studien zu Schusters Musik. Andererseits hat die Erforschung der Musik des 18. Jahrhunderts und ihre Erschließung für die Praxis in Dresden und andernorts bedeutende Fortschritte ge-macht, so daß die 200. Wiederkehr seines Todestages einen willkommenen Anlaß bietet, um in Gestalt einer wissenschaftlichen Tagung erstmals ausdrücklich die Frage nach der Bedeutung Joseph Schusters nicht nur in der Geschichte der Dresdner Hofkapelle, sondern in der europäischen Musik seiner Zeit zu stellen. Dazu wurden gezielt Fachvertreter angesprochen, die ausgehend von ihren Erfahrungen mit zentralen musikalischen Gattungen und Traditionen dieser Zeit ihren Blick auf wichtige Aspekte von Schusters Schaffen richten können. Zusammen mit Beiträgen, die vorrangig die Stellung des Komponisten innerhalb der Musikpraxis der sächsischen Residenzstadt beleuchten, werden sich daraus eine tragfähige Bilanz des gegenwärtigen Wissens zu Schusters Musik und Perspektiven für weitere Forschungen ergeben.

Gerhard Poppe


Schuster-Jahr: Veranstaltungen zum 200. Todestag von Joseph Schuster...

Mehr Informationen zum Internationalen Schuster-Symposium vom 21. bis 23. Juni 2012 in Dresden - hier klicken...



Zurück Impressum