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Bistum Dresden Meissen
Bischof Heinrich Timmerevers. © Steffen Giersch
11. April 2020

Qualität des Zusammenhalts über die Krise hinweg erhalten

Osterbotschaft 2020 von Bischof Heinrich Timmerevers

„Gründonnerstag, Karfreitag, Ostern – es ist alles anders als sonst. Kein Ostereiersuchen mit Freunden und deren Kindern, kein Ausflug ins Grüne, kein Besuch bei Oma und Opa, kein Kurzurlaub, keine Gottesdienste. Seit Tagen und Wochen steht unser Alltag auf dem Kopf, die Routinen unseres Lebens sind unterbrochen, Pläne und Erwartungen sind plötzlich ungewiss. Wir spüren wie selten: der Mensch ist verwundbar.

Viele leiden unter der Einsamkeit, und es fällt schwer, Gewohntes aufzugeben. Ich teile mit Ihnen den Schmerz! Zugleich entdecke ich in meinem Umfeld Hoffnungsvolles, das ich nicht erwartet habe.

Auch ich habe mir Ostern anders vorgestellt. Gerne hätte ich die großen Gottesdienste mit vielen Menschen in der Kathedrale gefeiert. Stattdessen feiere ich allein und bin per Livestream mit vielen hunderten Menschen im ganzen Land verbunden. Hier will niemand Religionsfreiheit einschränken, hier geht es um die Gesundheit einer ganzen Gesellschaft.

Nähe trotz Distanz funktioniert. Das haben die letzten Wochen gezeigt. So viele Videokonferenzen und Gespräche am Hörer habe ich noch nie gemacht. Und es geht!

Das Virus macht keinen Unterschied zwischen Menschen. Es betrifft jeden. Geholfen wird deswegen sowohl in der Nachbarschaft als auch über Ländergrenzen hinweg. Mich berührt diese Mitmenschlichkeit. Ich hoffe, wir erhalten diese Qualität des Zusammenhalts über die Krise hinweg.

Der Verzicht auf so vieles lässt mich nachdenklich werden. Was ist eigentlich wesentlich? Manches, was uns klein und unbedeutend vorkam, erweist sich in der Krise als „systemrelevant“.  Danke an alle, die Großes im Verborgenen leisten – ob in den Supermärkten, in den Pflegeheimen oder in den Krankenhäusern!

All das verändert auch meinen Blick auf die Ostererzählungen, mich bewegen in diesem Jahr ganz andere Facetten. Die ängstlichen Jünger beispielsweise. Nach Jesu Tod am Kreuz hatten sie existentielle Angst und große Sorge: Wie geht das Leben weiter? Alles hatten sie auf ihn gesetzt und scheinbar verloren. Sie verschließen die Türen aus Angst vor dem was kommt. Andere Jünger brauchen viele Kilometer von Jerusalem nach Emmaus mit einem scheinbar fremden Wegbegleiter um zu verstehen: Er ist nicht Tod, er ist hier die ganze Zeit bei uns. Wir haben es nur nicht realisiert! Auch in den anderen Ostererzählungen lassen sich die Momente des Unerwarteten entdecken.

In alldem wird für mich deutlich: Zeiten der Krise sind auch der Beginn für Überraschendes. Das haben Menschen zu anderen Zeiten erlebt. Das haben die Freunde Jesu bei seinem Tod und seiner Auferstehung erlebt. Das ist die Botschaft von Ostern. Wo nach menschlichem Ermessen nichts mehr geht, entsteht unerwartet und unverdient Neues. Die Offenheit, das zu entdecken, wünsche ich Ihnen zu diesem Osterfest!“

+ Heinrich Timmerevers, Bischof von Dresden-Meißen