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Bistum Dresden Meissen
Die Osterreiter 2018 im Klosterhof der Abtei St. Marienstern (Panschwitz-Kuckau). © Bernd Heinze
14. April 2022

Wieder fest im Sattel

Nach zwei turbulenten Corona-Jahren freuen sich die Osterreiter erneut auf die Pflege ihrer traditionsreichen Prozessionen zu Ostern

Bautzen/Ostritz. Ostern gilt nicht nur als der höchste Festtag im kirchlichen Jahreskreis. Bei den katholischen Sorben genießt Ostern darüber hinaus durch ein lebhaftes Brauchtum – das eng mit dem Glauben verwoben ist – eine ganz besondere Bedeutung. So wird auch die Verkündigung der Auferstehung Jesu von den Toten im Osterreiten erlebbar. Ostersaatreiten wird die traditionsreiche Prozession am gleichen Tag von Ostritz aus zum Kloster St. Marienthal genannt.

Während in normalen Jahren tausende Besucher alljährlich in die Oberlausitz strömen, um an diesem Ereignis teilzunehmen, sah es in den letzten beiden Jahren Corona-bedingt traurig aus. 2020 musste die jahrhundertealte Tradition aus Sorge vor einer Ausbreitung des Virus gänzlich abgesagt werden. Und auch 2021 waren keine Zuschauer entlang der Prozessionswege erwünscht, wichen die Reiter aus Vorsicht gar von ihren überlieferten Zeiten und Routen ab, um Kontakte zu meiden. Umso mehr freuen sie sich, dass in diesem Jahr ein wenig Normalität zurückkehrt.

Dompfarrer Veit Scapan, der selbst zu Pferde die Bautzener Reiterformation begleiten wird, sagt: „Die Empfehlungen des Gesundheitsamtes und des Bautzener Landratsamtes sehen Corona-Selbsttests der Reiter, Mindestabstände und – wo kein Abstand gehalten werden kann – das Tragen einer Maske vor. Diese Empfehlungen wollen wir befolgen. Darüber hinaus werden wir auch unsere Stallkonzepte des Vorjahres beibehalten. Entscheidend für uns bleibt, dass wir die Botschaft der Auferstehung Jesu ansonsten in diesem Jahr wieder in gewohnter Weise ‚in die Welt‘ oder zumindest in unsere Nachbarschaft tragen können.“

Seit über fünf Jahrhunderten besteht die Tradition des Osterreitens. Bereits Ende des 15. Jahrhunderts fanden Prozessionen zwischen Hoyerswerda und Wittichenau statt. Die Wurzeln des Brauchs reichen zudem wahrscheinlich bis in vorchristliche Zeiten zurück. Durch Feldumritte glaubte man, die jungen Saaten vor der Missgunst des Bösen schützen zu können. Unter dem Einfluss des Christentums wandelte sich der Brauch in christliche Prozessionen, die heute ein öffentliches Bekenntnis zum christlichen Glauben darstellen.

Für die Osterreiter stehen die arbeitsfreien Tage im Zeichen der Vorbereitung auf das große Fest. Und weil der Pferdebestand in der Lausitz begrenzt ist, leihen sich viele Prozessionsteilnehmer für diesen Tag ihre Reittiere oft von weit her aus.

Im Gehrock und mit schwarzem Zylinder

In der Oberlausitz gibt es neun Osterreiterzüge, in denen überwiegend Sorben mitreiten. Lediglich in der Wittichenauer Prozession gibt es seit etwa 110 Jahren auch einen deutschsprachigen Teil. Hoch zu Ross singen die Männer Lieder, die von der Auferstehung Christi künden. Unter dem Läuten der Kirchenglocken und mit Gesang führt die Prozession von der Heimatkirche aus um die Felder bis ins nächste Dorf. Außerhalb der Ortschaften betet die Reiterschar den Rosenkranz und andere Gebete. In ihrer Prozession führen sie das Kreuz, Kirchenfahnen und die Statue des Auferstandenen mit. Alle Mann sind festlich gekleidet: Schwarzer Zylinder und Gehrock sowie weiße Handschuhe sind die auffälligsten Merkmale.

Auch die Pferde werden für das Osterreiten besonders geschmückt: mit einem speziellen Ostergeschirr, festlichen Satteldecken und einer bunt bestickten Schleife im Schweif. Ist diese schwarz, deutet sie auf Trauer in der Familie hin. Das Pferdegeschirr ist aufwendig mit Muscheln oder Metallbeschlägen verziert, oft finden sich dabei auch christliche Symbole wie das Osterlamm oder ein Kreuz. Gerne werden auch frische Blumen als Schmuck genutzt. Die Osterreiter umreiten dreimal die Kirche und den Friedhof. So verkünden sie auch den Verstorbenen die Auferstehung Christi und beten für sie.

Das Osterreiten ist traditionell Männersache. Wer zum ersten Mal dabei ist, trägt ein Myrtenkränzchen. Zum jeweiligen Jubiläum darf sich der Reiter dann mit einer silbernen „25“ beziehungsweise goldenen „50“ schmücken. Insgesamt beteiligen sich jedes Jahr etwa 1.500 Osterreiter an den Prozessionen der katholischen Sorben, darunter auch der Generalvikar und Domdekan des Bistums Andreas Kutschke. Er wird die Radiborer Männer hoch zu Ross bei ihrer Prozession begleiten.

Dankgottesdienst der Osterreiter

Am Dienstag nach Ostern feiern die Priester der sorbischen Pfarreien mit den Reitern aller Gemeinden einen Dankgottesdienst in der Wallfahrtskirche in Rosenthal.

Orte und Zeiten (Die angegebenen Zeiten können sich um bis zu eine halbe Stunde verschieben.)

Prozession von reitet nach ab Uhr an Uhr
Bautzen
zurück Radibor
Radibor
Bautzen
10.30
14.45
12.15
16.30
Ralbitz
zurück Wittichenau
Wittichenau
Ralbitz
09.15
15.00
12.15
18.00
Wittichenau
zurück Ralbitz
Ralbitz
Wittichenau
09.20
15.15
12.00
18.00
Crostwitz
zurück Panschwitz
Panschwitz
Crostwitz
12.15
15.00
15.00
17.30
Panschwitz
zurück Crostwitz
Crostwitz
Panschwitz
12.45
14.30
14.15
17.00
Radibor
zurück Storcha
Storcha
Radibor
11.45
15.30
13.45
17.30
Storcha
zurück Radibor
Radibor
Storcha
11.45
15.30
13.45
17.30
Nebelschütz
zurück Ostro
Ostro
Nebelschütz
12.00
15.30
14.00
17.30
Ostro
zurück Nebelschütz
Nebelschütz
Ostro
12.00
15.30
14.00
17.00

 

Die Ostersaatreiter aus Ostritz

Einen ähnlichen Hintergrund wie das Osterreiten hat das Ostersaatreiten von Ostritz. Jedes Jahr zum Ostersonntag schwingen sich in Frack und Zylinder gekleidet vor den Türen der Pfarrkirche „Mariä Himmelfahrt“ in Ostritz (Spanntigstr. 5) durchschnittlich hundert Reiter in den Sattel, um über Felder und Fluren zum Kloster St. Marienthal an der Neiße zu reiten. Sie sind Ostersaatreiter und verkünden vom Pferderücken aus die christliche Osterbotschaft, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Seit 1993 wird der Brauch in ökumenischer Gemeinschaft gepflegt.

Seit annähernd vier Jahrhunderten findet das Saatreiten statt. Auch hier sind die Reiter elegant gekleidet: Mit Frack, Zylinder und blank polierten Stiefeln sitzen sie auf ihren herausgeputzten Pferden. Auch die katholischen und evangelischen Geistlichen der Region lassen es sich in aller Regel nicht nehmen, den Zug hoch zu Ross zu begleiten.

Bitte um gutes Wachstum der Saaten

Von den Osterreitern in der sorbischen Lausitz unterscheidet sich der Ritt in Ostritz dadurch, dass neben dem Verkünden der Osterbotschaft die Bitte um gutes Wachstum der Saat auf den Feldern und um Gottes Hilfe für Mensch und Natur im Vordergrund steht. Von Ostritz aus reitet der Zug in einer langen Prozession zum Kloster St. Marienthal, wo den Zisterzienserinnen der Abtei und vielen Besuchern auf dem Klosterhof der Ostersegen überbracht wird. Auf dem Weg zum Kloster wird an fünf Stationen das Osterevangelium verkündet. Am Hutbergkreuz wird der verstorbenen Reiter gedacht.

Die Saatreiter-Prozession in Ostritz startet um 13 Uhr an der katholischen Kirche (Markt), Ankunft auf dem Klosterhof in St. Marienthal ist gegen 13.45 Uhr. Um 16 Uhr werden die Reiter in Ostritz zurückerwartet, wo das Saatreiten mit einer Dankandacht in der Ostritzer Kirche beendet wird.

Einige Teilnehmer am Ostersaatritt nehmen eine lange Anreise auf sich, um bei der Prozession mitreiten zu können. Die Tradition der Ostersaatreiter wurde auch zu DDR-Zeiten ununterbrochen aufrechterhalten. Bis heute lockt sie jedes Jahr zahlreiche Gäste in die Lausitz. Eine Regel gilt allerdings ebenfalls bis heute: Nur Männer dürfen in der Prozession im Sattel sitzen.

Text: MB
Fotos: Bernd Heinze

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