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Bistum Dresden Meissen
Elisabeth Winkelmeier-Becker © Tobias Koch
12. Mai 2022

Das Kind nicht im Blick

Elisabeth Winkelmeier-Becker kritisiert geplante Streichung von Paragraph 219a

Dresden. In dieser Woche debattiert der Bundestag über die geplante Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen (Paragraph 219a StGB). Der Podcast „Mit Herz und Haltung“ der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen veröffentlicht deshalb ein Interview mit der Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, Elisabeth Winkelmeier-Becker. Die CDU-Politikerin kritisiert darin ein mangelndes Bewusstsein für die Schutzbedürftigkeit des ungeborenen Kindes in der aktuellen politischen Debatte: „Wer das Kind nicht im Blick hat, der will 219a streichen“, so Winkelmeier-Becker. Sie sieht jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass mit der Streichung des Werbeverbots eine generelle Neureglung des Abtreibungsrechts angestoßen werden soll. Damit widerspricht sie ihrem Parteikollegen Thomas Rachel, der dies in der aktuellen Ausgabe der Herder Korrespondenz nahelegt.

Weder Informationsdefizit für Frauen noch Kriminalisierung von Ärzten erkennbar 

Laut Winkelmeier-Becker besteht in Deutschland aktuell kein Informationsdefizit für Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen. Alle Informationen seien auch heute schon „sehr leicht zugänglich“, so die Politikerin, sei es im Internet, durch Beratungsstellen oder andere Quellen. Falls es doch an einzelnen Informationen mangeln sollte, könnten diese problemlos etwa auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Verfügung gestellt werden. Dafür müsse die bestehende Rechtslage nicht verändert werden. Eine Streichung von Paragraph 219a ermögliche dagegen, so Winkelmeier-Becker, „ganz andere Formen des aktiven Zugehens auf Patientinnen“ im Internet, auf Flyern oder in Zeitschriftenbeilagen; allein die „reißerische Werbung“ wäre dann über das ärztliche Standesrecht noch verboten. Auch eine Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten durch die aktuelle Gesetzeslage kann die Vorsitzende des Rechtsausschusses nicht erkennen: Sie kritisierte zwar explizit das gezielte Anzeigen von Ärztinnen und Ärzten durch selbsternannte Lebensschützer, gab aber zu bedenken, dass der Paragraph 219a in den vergangenen Jahren nur „in ein oder zwei Fällen“ angewendet worden sei; in diesen gehe es vor allem um Personen, so die Politikerin, die „es gerade darauf anlegen, hier ein Verfahren durchzuziehen“, um das Thema für die politische Diskussion zu problematisieren.

Schutzbedürftigkeit des ungeborenen Kindes spielt in der politischen Debatte keine Rolle

Die CDU-Abgeordnete kritisierte zugleich eine Schieflage in der Diskussion über das Werbeverbot für Abtreibungen. Der Sache nach gehe es hier um einen Konflikt verschiedener Grundrechte, dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes. Aktuell rede man aber, so Winkelmeier-Becker, „eigentlich nur über das Selbstbestimmungsrecht der Frau und die Interessen der Ärzte“. Zweck des Werbeverbotes sei es, „das Gespür dafür, dass es eben auch um das Lebensrecht eines ungeborenen Kindes geht, in der gesellschaftlichen Diskussion aufrechtzuerhalten“. Dies sei Teil des staatlichen Schutzkonzepts für ungeborenes Leben. Ein Wegfall des Werbeverbots würde Abtreibungen anderen, belanglosen medizinischen Dienstleistungen gleichstellen und auf diese Weise eine Normalität suggerieren, die dem Konflikt verschiedener Grundrechten nicht gerecht würde. Die CDU-Politikerin attestierte den Befürwortern einer Streichung von Paragraph 219a daher ein fehlendes Bewusstsein für das Schutzkonzept des ungeborenen Kindes.

Die gesamte Podcast-Folge können Sie hier hören: https://lebendig-akademisch.podigee.io/177-schon-werbung-oder-noch-information

Alle Folgen des Podcast finden Sie unter: https://lebendig-akademisch.podigee.io

Der Podcast „Mit Herz und Haltung“

Im Podcast „Mit Herz und Haltung“ der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen nehmen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie Expertinnen und Experten verschiedener Fachdisziplinen Stellung zu den wissenschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und kirchlichen Fragestellungen. Neue Folgen erscheinen in regelmäßigen Abständen auf Spotify, Deezer, Apple Podcasts, YouTube sowie auf den Websites der Akademie (www.lebendig-akademisch.de) und des Bistums (www.bistum-dresden-meissen.de).

Falk Hamann