„Eins in der Wahrheit und in der Freude“
Rückblick auf das Seminar zum visionären Kirchenverständnis Otto Spülbecks in Schmochtitz am 15. bis 17. Oktober 2021
Das Bildungsgut Schmochtitz hatte am vergangenen Wochenende (15. bis 17. Oktober 2021) zu einem Seminar eingeladen, das sich mit dem visionären Kirchenbild Otto Spülbecks beschäftigte. Es war überschrieben mit dem Titel „Eins in der Wahrheit und in der Freude“ – dem Wahlspruch des früheren Bischofs von Meißen. Knapp 30 Personen aus Sachsen und Thüringen hatten sich auf den Weg gemacht, um am Seminar teilzunehmen. Auf dem Programm standen Vorträge und Gesprächsrunden mit Zeitzeugen wie Bischof em. Joachim Reinelt, Prälat Bernhard Rachwalski und Dr. Siegfried Foelz, die lebendig und kurzweilig von den Begegnungen und manche Anekdoten von Otto Spülbeck erzählten.
Das Seminar verdeutlichte, dass Bischof Otto Spülbeck seiner Zeit weit voraus war. Von 1958 bis zu seinem Tod 1970 war er Bischof von Meißen. Er nahm am Zweiten Vatikanischen Konzil teil und suchte die Beschlüsse in der "Meißner Synode" (von 1969 bis 1971) für das eigene Bistum umzusetzen. Aus Aachen stammend, beschäftigte er sich im Studium zuerst mit naturwissenschaftlichen Fächern. Die Grenzfragen zwischen Glauben und Naturwissenschaften haben ihn ein Leben lang begleitet.
Im Theologiestudium traf er auf den Freundeskreis, aus dem das Leipziger Oratorium hervorging, das sich der Diasporaseelsorge in einer Großstadt verschrieb. Wie Dr. Christian März in seinem Vortrag erwähnte, fühlte sich Spülbeck immer dem Leipziger Oratorium zugehörig, auch wenn die juristische Zugehörigkeit umstritten blieb, weil Spülbeck zu keiner Zeit im Oratorium lebte. Vielmehr trat er 1929 in das Priesterseminar in Schmochtitz ein, war von 1930-37 Kaplan in Chemnitz und Leipzig, dort später Pfarrer in Leipzig-Reudnitz, bis er 1945 zum Propst von Leipzig ernannt wurde. Im Jahr 1955 empfing er die Bischofsweihe im Dom zu Bautzen und war ab 1958 Diözesanbischof des Bistums Meißen.
Der Synodale Weg heute atmet noch immer seinen Geist, wenn gemeinsam um den Weg gerungen wird, der heute für Kirche und Christen zu gehen ist. Die Einheit der Kirche war ihm genauso ein wichtiges Anliegen wie das Wahrnehmen, dass jeder Christ mit in der Verantwortung steht, die frohe Botschaft Gottes hinaus in die Welt zu tragen. So stellte Dr. Peter-Paul Straube in seinem Rückblick auf die Meißner Synode die damaligen Beschlüsse vor mit der Feststellung, dass es heute im Kern um die gleichen Fragen geht wie damals. Allein, es fehlt an der Umsetzung.
Höhepunkt des Seminars war am Samstagnachmittag die diözesane Eröffnung des weltweiten Synodalen Weges im Bautzner Dom. Sie begann mit einem Vortrag des Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Prof. Dr. Thomas Sternberg. In seinen Ausführungen unter dem Titel „Was ist unser Beitrag für den Synodalen Weg der Weltkirche? – Die Kirche in Deutschland vor der Synode in Rom” ging er zunächst auf den deutschen Synodalen Weg ein, mit dessen Verlauf er zufrieden ist. Dabei seien die schwierigen Rahmenbedingungen durch die Corona-Pandemie zu berücksichtigen. Es habe bisher kaum präsente Zusammenkünfte gegeben. Dennoch: die Themen, die man sich im Vorfeld vorgenommen habe, werden besprochen, die Synodalen haben sich im Zuhören eingeübt, und die meisten Beschlüsse habe man im großen Einvernehmen getroffen. Vielleicht kann hier der Synodale Weg in Deutschland auch etwas zur Weltsynode beitragen. Am Ende bleibt die wesentliche Frage für uns Christen zu beantworten: wie können wir heute die Frohe Botschaft in die Welt tragen? Dazu ist jeder Getaufte aufgefordert – und nicht nur Priester und Bischöfe!
In einem anschließenden Gespräch mit Martina Breyer, der Vorsitzenden des Katholikenrates im Bistum Dresden-Meißen, und mit dem 18-jährigen Maximilian Gruber, Mitglied des Katholikenrates als Vertreter des Bistumsjugendhelferkreis, wurde dann auch nicht mit Kritik an der Amtskirche gespart, die sich ohne Erneuerung immer weiter von der Lebenswirklichkeit entfernt und so droht, nicht mehr wirklich nah am Menschen zu sein. Ein Zeichen dafür war bereits, dass in den Bänken des Bautzner Doms keine jüngeren Menschen saßen.
Mit einem feierlichen Pontifikalamt im Bautzner Dom St. Petri hat dann am Samstagabend Bischof Heinrich Timmerevers den Synodalen Weg der Weltkirche für das Bistum Dresden-Meißen eröffnet. In seiner Predigt betonte Bischof Heinrich, dass es wichtig für den Erfolg des Synodalen Weges sein wird, dass Gläubige und Geistliche sich in ihrer Unterschiedlichkeit annehmen und keine unüberwindbaren Grenzen ziehen. So formulierten im weiteren Verlauf Gläubige ihre Hoffnungen in den Synodalen Weg und berichteten über erfahrene Enttäuschungen, etwa in Bezug auf die aktuelle Stellung der Frauen in der Kirche und das Verhältnis der Kirche zu homosexuellen Partnerschaften.
Der Samstagabend war der Begegnung und gemeinsamen Feier im Bildungsgut Schmochtitz gewidmet. Der Große Saal, seit 1995 Veranstaltungsraum für diverse Kurse und Seminare, wurde von Bischof Heinrich Timmerevers in Otto-Spülbeck-Saal umbenannt und gesegnet. „Mit dem Namen des Saals bleibt Bischof Otto Spülbeck im Bistum Dresden-Meißen weiterhin präsent. Möge er uns anregen und ermutigen, den Weg als pilgerndes Volk Gottes weiterzugehen und viele Menschen aus nah und fern zur Begegnung, zum Gespräch und zum Miteinander hier in Schmochtitz zusammenführen.“ Nach einem feierlichen Abendessen führten Daniel Heinze und Tobias Petzold witzige und zugleich tiefsinnige Lieder und Gedichte über Kirche und Gemeindeleben auf.
Den Abschluss des Seminars bildete ein Vortrag von Professor Joachim Schmiedl aus Vallendar zur Würzburger Synode. Auch bei diesem Thema stand am Ende die Erkenntnis, dass vor über 40 Jahren schon einmal die gleichen Fragen in der Kirche gestellt wurden wie heute. Wie steht es mit der Macht und Gewaltenteilung, wie um die Frau im kirchlichen Dienst, wie um lebendige Partnerschaften und die Anerkennung der Sexualität und nicht zuletzt: wie steht es um das Priestersein und -verständnis? Das Seminar hat verdeutlicht, dass es hier bereits gemeinsame Beschlüsse gibt, die darauf warten, in die Realität umgesetzt zu werden. Und es hat gezeigt, dass die katholische Kirche im besten Sinne des Wortes katholisch bleiben sollte, um in der Einheit des Glaubens vielfältig mit den Menschen unterwegs zu sein. Dazu können alle Gliederungen und jeder Christ bzw. jede Christin beitragen.
Sebastian Kieslich