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Bistum Dresden Meissen
Kath. Kirche in Wurzen © Fotograf Raymund Töpfer, Kath. Gemeinde St. Franziskus Wurzen
31. Mai 2022

"Im neuen Gewand. Die Herz-Jesu Kirche in Wurzen"

Ausstellung in der Städtischen Galerie am Markt in Wurzen

28.05.-02.07.2022  Ausstellung zur Geschichte der Katholischen Kirche und seiner umfangreichen Sanierung

Erst seit kurzem zeigt sich die Herz-Jesu-Kirche im neuen Gewand. Wer die Stadt Wurzen in Richtung Osten verlässt, läuft oder fährt direkt auf das Kirchenportal zu und passiert es links- oder rechtsseitig. Die am Stadtrand liegende Kirche verbindet die Stadt mit dem Wurzener Land. Sie ist die Hauptkirche für 1.960 katholische Christen der St. Franziskus Gemeinde. Von den drei Wurzener Kirchen ist sie die jüngste und kleinste. Dom und St. Wenceslai sind jahrhundertealt und stehen im Zentrum der einstigen Bischofs- und Stiftsstadt, die um 1820 herum nicht viel mehr als 3.000 Einwohner zählte. Im Gegensatz dazu ist die Herz-Jesu-Kirche erst 120 Jahre alt und ihr Bau eng mit dem industriellen Aufschwung verbunden, der in dem Zeitraum zwischen 1840 und dem Beginn des 1. Weltkrieges zu einem grundlegenden Gestaltwandel der Stadt führte und alle Entwicklungen früherer Jahrhunderte in ungeahnter Weise übertraf. Soziale Struktur, Mentalität und Kultur ihrer Bewohner veränderten sich tiefgreifend und nachhaltig.

Sachsen hatte zu Beginn der industriellen Revolution in Deutschland die Nase vorn. An der Spitze der Entwicklung standen die beiden Großstädte Leipzig und Dresden und das sich rasant zum deutschlandweiten Zentrum der Textilproduktion entwickelnde Chemnitz. Die Verkehrslage von Wurzen verbesserte sich mit dem Bau seiner Muldebrücken (1830/32) und seiner Eisenbahnbrücke (1836) schlagartig. Die Nähe zur Messe- und Universitätsstadt Leipzig, die Verbindungen zur Landeshauptstadt und zahlreiche Standortfaktoren führten auch in Wurzen zu einem raschen industriellen Aufschwung, in dessen Folge es zu einer beachtlichen Zuwanderung von Unternehmern und vor allem Arbeitskräften hauptsächlich aus Preußen, Böhmen, Bayern und polnischsprachigen Gebieten kam. Zahlreiche Handwerksbetriebe und Fabriken entstanden, zunächst in der Stadt, ab 1870 in neu erschlossenen Gewerbeflächen am Stadtrand. Zwischen 1890 bis zum ersten Weltkrieg erreichte die Industrialisierung in Wurzen ihren Höhepunkt. Außer aus Preußen wanderten überwiegend Katholiken zu, meist einfache Arbeiter, die hier sesshaft werden und ihr Glaubensleben ausüben wollten. Unter der Herrschaft der Wettiner hatte sich Sachsen im 16. Jahrhundert zum Kernland der Reformation entwickelt und seine Bevölkerung (abgesehen von den Landschaften der Lausitz) war seitdem traditionell protestantisch. Erst mit der politisch motivierten Konversion des sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. (1697), besser bekannt als August der Starke, wurde der Grundstein für die Ausbreitung des Katholizismus gelegt. Eine regional beschränkte katholische Minderheit entwickelte sich, stets begleitet vom Unbehagen der protestantischen Öffentlichkeit und der sächsischen Eliten. Eine gleichberechtigte Wahrnehmung der katholischen Konfession etablierte sich zäh und erst im Zuge der liberalen Reformierung Sachsens im 19. Jahrhundert.

1834 lebten in Wurzen gerade einmal 11 Gemeindemitglieder, die von der St.-Hubertus-Gemeinde in Wermsdorf betreut wurden und 1828 als Ort für ihre Gottesdienste die Heiliggeistkirche auf dem Gottesacker zugewiesen bekommen hatten. Nun steigerte sich der Katholikenanteil in kurzer Zeit erheblich: Die Zahl der Gemeindemitglieder wuchs zwischen 1860 und 1895 von 64 auf 343 an, gerade in der Zeit, als sich die Stadt baulich nach Osten ausdehnte. Hier nahm der Plan zum Bau einer eigenen Kirche für die Gemeinde, deren Zuversicht groß, deren Geldbeutel aber klein war, bald konkrete Formen an: 1894 wurde ein Kirchenbaukomitee gegründet, wenig später geeignete Grundstücke als Baugrund erworben und eine rechtfähige Stiftung gebildet. Groß war die Opferbereitschaft, Unmengen an Spendenscheinen zeugen davon. Der Wurzener Gustav Schmidt, bekannt als Erbauer der Jägerkaserne (Stadthaus) und vieler Wurzener Villen, wirkte als verantwortlicher Architekt und Bauplaner. Nach dem Vorbild des neoromanischen Neubaus der St. Josef Kirche in Urach (heute Bad Urach) wurde mit leichten Änderungen in Wurzen zwischen dem 4. Mai (Grundsteinlegung) und dem 3. Dezember 1899 der Kirchenbau errichtet.

Die von Annette Grundmann kuratierte und in Kooperation mit dem Kulturhistorischen Museum Wurzen organisierte Ausstellung der Katholischen Gemeinde St. Franziskus Wurzen, die am 28. Mai in der Städtischen Galerie eröffnet wird und bis zum 2. Juli zu sehen ist, erzählt überwiegend anhand von Fotografien von der Planung und dem Bau der Herz-Jesu-Kirche und dem Schicksal von der Kirche und ihrer Gemeinde in den folgenden 120 Jahren: Von dem herausragenden Förderer Freiherr Ferdinand Caspar Adolf Dam von Schönberg, dem katholischen Schulbau, den zwei Weltkriegen, den Nachkriegszeiten und den immerwährenden Geldsorgen etwa um den Erhalt der bereits 1909 und 1919 reparaturbedürftigen Kirche (Kirchdach, Kirchturm) und vielem mehr. 

Vor einigen Jahren nun standen wiederholt umfangreiche Sanierungen an. Die Kirche bekam neue Glocken, die Orgel musste saniert werden, Dächer und Fassade bekamen ein neues Aussehen. Heute präsentiert sich die innen wie außen veränderte Kirche im neuen Gewand.

Ausstellungseröffnung
Sa, 28.05.2022, 15 Uhr
Städtische Galerie „Am Markt“, Wurzen

Festgottesdienst
zum Ende der Sanierung
So, 29.05.2022, 9 Uhr

Öffentliche Führung
mit Frau Annette Grundmann
Do, 16.6.2022, 16:30 Uhr
Sa, 25.6.2022, 10:30 Uhr

Öffnungszeiten der Ausstellung
Mo-Do 13-18 Uhr
Mi, Sa 9-12 Uhr

Text: Claudia Kunde, Kulturhistorisches Museum Wurzen