Berittene Botschafter der Osterfreude
Vom Osterreiten der katholischen Sorben und Ostersaatreiten in St. Marienthal
Bautzen/Ostritz. Zu Ostern werden sich im katholisch geprägten Teil der sorbischen Oberlausitz erneut die Osterreiter in den Sattel schwingen. Am höchsten Festtag im kirchlichen Jahreskreis tragen sie dann im Dreieck zwischen Kamenz, Bautzen und Hoyerswerda traditionell singend und betend die Botschaft der Auferstehung Jesu von den Toten in ihre Nachbarorte. Bei den katholischen Sorben wird dieser Brauch des Oster- oder Kreuzreitens seit mehr als fünf Jahrhunderten gepflegt. Auf eine ebenfalls mehrere jahrhundertelange Tradition kann auch das Ostersaatreiten am gleichen Tag von Ostritz aus zum Kloster St. Marienthal zurückblicken. Tausende Besucher kommen jedes Jahr in die Oberlausitz, um an diesen Ereignissen teilzunehmen.
Historische Belege zeigen: Ende des 15. Jahrhunderts fanden zwischen Hoyerswerda und Wittichenau erstmals Osterreiter-Prozessionen statt. Die Wurzeln dieses Brauchs reichen allerdings wahrscheinlich bis in vorchristliche Zeiten zurück. Durch Feldumritte glaubte man, die jungen Saaten vor der Missgunst des Bösen schützen zu können. Unter dem Einfluss des Christentums wandelten sich die Ritte wohl in christliche Prozessionen, die heute ein öffentliches Bekenntnis zum christlichen Glauben darstellen.
Für die Osterreiter stehen die Feiertage ganz im Zeichen der Vorbereitung auf das große Fest. Und weil der Pferdebestand in der Lausitz begrenzt ist, leihen sich viele Prozessionsteilnehmer für diesen Tag ihre Rösser oft von weit her aus.
Im Gehrock und mit schwarzem Zylinder
In der Oberlausitz gibt es neun Osterreiterzüge, in denen überwiegend Sorben mitreiten. Lediglich in der Wittichenauer Prozession gibt es seit über hundert Jahren auch einen deutschsprachigen Teil. Hoch zu Ross singen die Männer Kirchenlieder. Unter dem Läuten der Kirchenglocken und mit Gesang führt die Prozession von der Heimatkirche aus um die Felder bis ins nächste Dorf. Außerhalb der Ortschaften betet die Reiterschar den Rosenkranz und andere Gebete. In ihrer Prozession führen sie das Kreuz, Kirchenfahnen und die Statue des Auferstandenen mit. Alle Mann sind festlich gekleidet: Schwarzer Zylinder und Gehrock sowie weiße Handschuhe sind die auffälligsten Merkmale.
Auch die Pferde werden für das Osterreiten besonders geschmückt: mit einem speziellen Ostergeschirr, festlichen Satteldecken und einer bunt bestickten Schleife im Schweif. Ist diese schwarz, deutet sie auf Trauer in der Familie hin. Das Pferdegeschirr ist aufwendig mit Muscheln oder Metallbeschlägen verziert, oft finden sich auch christliche Symbole wie das Osterlamm oder ein Kreuz. Gerne werden auch frische Blumen als Schmuck genutzt. Die Osterreiter umreiten dreimal die Kirche und den Friedhof. So verkünden sie auch den Verstorbenen die Auferstehung Christi und beten für sie.
Das Osterreiten ist traditionell Männersache. Wer zum ersten Mal dabei ist, trägt ein Myrtenkränzchen. Zum jeweiligen Jubiläum darf sich der Reiter dann mit einer silbernen „25“ beziehungsweise goldenen „50“ schmücken. Insgesamt beteiligen sich jedes Jahr rund 1.500 Osterreiter an den Prozessionen der katholischen Sorben.
Orte und Zeiten
(Die angegebenen Zeiten können sich um bis zu eine halbe Stunde verschieben.)
Prozession von | reitet nach | ab Uhr | an Uhr |
Bautzen zurück Radibor |
Radibor Bautzen |
10.30 14.45 |
12.15 16.30 |
Ralbitz zurück Wittichenau |
Wittichenau Ralbitz |
09.15 15.00 |
12.15 18.00 |
Wittichenau zurück Ralbitz |
Ralbitz Wittichenau |
09.20 15.15 |
12.00 18.00 |
Crostwitz zurück Panschwitz |
Panschwitz Crostwitz |
12.15 15.00 |
15.00 17.30 |
Panschwitz zurück Crostwitz |
Crostwitz Panschwitz |
12.45 14.30 |
14.15 17.00 |
Radibor zurück Storcha |
Storcha Radibor |
11.45 15.30 |
13.45 17.30 |
Storcha zurück Radibor |
Radibor Storcha |
11.45 15.30 |
13.45 17.30 |
Nebelschütz zurück Ostro |
Ostro Nebelschütz |
12.00 15.30 |
14.00 17.30 |
Ostro zurück Nebelschütz |
Nebelschütz Ostro |
12.00 15.30 |
14.00 17.00 |
Die Ostersaatreiter aus Ostritz
Einen ähnlichen Hintergrund wie das Osterreiten hat das Ostersaatreiten von Ostritz. Jedes Jahr zu Ostern schwingen sich hier die Reiter in Frack und Zylinder vor den Türen der Kirche „Mariä Himmelfahrt“ in Ostritz (Spanntigstr. 5) in den Sattel, um über Felder und Fluren zur Zisterzienserinnen-Abtei St. Marienthal an der Neiße zu reiten. Sie sind Ostersaatreiter und verkünden vom Pferderücken aus die christliche Osterbotschaft, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Seit 1993 wird der Brauch in ökumenischer Gemeinschaft gepflegt.
In diesem Jahr jährt sich der Ritt zum 395. Mal statt. Etwa achtzig Männer werden zu der Prozession erwartet. Die Reiter sind elegant gekleidet: Mit Frack, Zylinder und blank polierten Stiefeln sitzen sie auf ihren herausgeputzten Pferden. Auch die katholischen und evangelischen Geistlichen der Region lassen es sich nicht nehmen, den Zug hoch zu Ross zu begleiten.
Bitte um gutes Wachstum der Saaten
Von den Osterreitern in der sorbischen Lausitz unterscheidet sich der Ritt in Ostritz dadurch, dass neben dem Verkünden der Osterbotschaft die Bitte um gutes Wachstum der Saat auf den Feldern und um Gottes Hilfe für Mensch und Natur im Vordergrund steht. Von Ostritz aus reitet der Zug in einer langen Prozession zum Kloster St. Marienthal, wo den Zisterzienserinnen der Abtei und vielen Besuchern auf dem Klosterhof der Ostersegen überbracht wird. Auf dem Weg zum Kloster wird an fünf Stationen das Osterevangelium verkündet. Am Hutbergkreuz wird der verstorbenen Reiter gedacht.
Die Prozession startet um 13 Uhr an der katholischen Kirche (Markt) in Ostritz, Ankunft auf dem Klosterhof in St. Marienthal ist gegen 13.45 Uhr. Um 16 Uhr werden die Reiter in Ostritz zurückerwartet, wo das Saatreiten mit einer Dankandacht in der Ostritzer Kirche beendet wird.
Einige Teilnehmer am Ostersaatritt nehmen eine lange Anreise auf sich, um bei der Prozession mitreiten zu können. Die Tradition der Ostersaatreiter wurde auch zu DDR-Zeiten ununterbrochen aufrechterhalten. Bis heute lockt sie jedes Jahr zahlreiche Gäste in die Lausitz. Eine Regel gilt allerdings ebenfalls bis heute: Nur Männer dürfen in der Prozession im Sattel sitzen.
MB