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Bistum Dresden Meissen
20. Juni 2022

Den Glauben von den Händen sehen … und ertasten …!

Glaubensfest ostdeutscher gehörloser Katholik/-innen – Besinnungstag mit dem taubblinden Diakon Peter Hepp

Die Gemeinschaften der tauben Katholik/-innen aus den Diözesen Erfurt, Magdeburg, Görlitz, Berlin und Dresden-Meißen trafen sich am 10. und 11. Juni 2022 zu einem Besinnungswochenende mit abschließendem Festgottesdienst mit Bischof em. Konrad Zdarsa im St.-Johannes-Haus bzw. der Propsteikirche „St. Maria Friedenskönigin“ in Cottbus. Die Gehörlosengemeinschaften der ostdeutschen (Erz-)Diözesen arbeiten seit Jahrzehnten in der Seelsorge zusammen und treffen sich in der Regel jährlich zu einem regionalen Tag geistlicher Besinnung, an dem sie sich nicht als extreme Minderheit, sondern als lebendige Gemeinschaft erfahren dürfen. Dazu trägt auch der Verband der Katholischen Gehörlosen Deutschlands (VGKD) bei, in dem taube bzw. gebärdensprachlich kommunizierende katholische Christ/-innen organisiert sind. Der VKGD hält eigentlich aller fünf Jahre eine große deutschlandweite Wallfahrt ab, die zweimal pandemiebedingt verschoben worden war und daher 2022 an vier Orten in verschiedenen Regionen nachgeholt werden sollte. Somit war das diesjährige Treffen gleichzeitig regionaler Verbandstag für die östlichen Diözesen. Daher überraschte es nicht, dass auch die Spitze des Verbandes angereist war: der 1. Vorsitzende Willi Thienel, Generalpräses Diakon Josef Rothkopf und der frühere Geschäftsführer Pfr. i. R. Norbert Schulze Raestrup. Neben ihnen kamen sogar Gäste aus München und Trier in die Niederlausitz.

Den Auftakt der Veranstaltung bildete eine Spreewald-Kahnfahrt am Nachmittag des 10. Juni, an der ein großer Teil der Teilnehmenden bei Sonne, Kaffee und guter Laune teilnahm. Offiziell ging es dann am Abend am St.-Johannes-Haus los mit einem kleinen Grillfest und einem sehr spannenden Vortrag von Zisterzienserpater Alberich Fritsche. Der junge Mönch aus dem wiedergegründeten Kloster Neuzelle hat die Diplomarbeit seines Theologiestudiums über die Verwendung von Gebärden bzw. Gebärdensprache in Klöstern und in der Gehörlosengemeinschaft geschrieben. Er konnte damit eine Brücke schlagen zwischen der Welt kontemplativer Klöster, in denen viel geschwiegen wird, und der tauber Menschen, in der die Gebärdensprachkultur blüht.

Am Samstagvormittag kam dann der Hauptreferent zum Zuge: Diakon Peter Hepp aus dem Bistum Rottenburg-Stuttgart. Dieser ist selbst gehörlos aufgewachsen und später aufgrund seiner Erkrankung zusätzlich erblindet. Er kommuniziert in Gebärdensprache und dem Lorm-Alphabet, bei dem Buchstaben mit den Fingern nach einem bestimmten System in die Hand der taubblinden Person getippt werden. Damit die Kommunikation gut gelingen konnte, war seine Ehefrau Margherita mit angereist. Diakon Hepp berichtete von seinem religiösen Lebensweg und seiner Berufung als Diakon.

Das Motto des Besinnungstages lautete „Wer glaubt, ist nie allein“. Diakon Hepp hatte dazu ein zum Besuch von Papst Benedikt XVI. geschriebenes geistliches Lied in ein Gebärdenlied für gehörlose Menschen umgewandelt und die einzelnen Strophen interpretiert. Für alle Anwesenden waren dies wertvolle Impulse.

Nach einem Mittagessen im Garten des St.-Johannes-Hauses gab es Arbeitsgruppen: eine Meditation mit Pfr. Heinz Werner (Bistum Magdeburg), eine kurze Bibelarbeit mit Generalpräses Rothkopf sowie eine Kirchenführung. Es hatte sich spontan – auch in der Diskussion nach dem Vortrag am Vormittag –  ergeben, dass die anwesenden taubblinden Personen ein vertieftes Gespräch mit Diakon Hepp suchten; sie bildeten eine vierte Arbeitsgruppe.

Am Nachmittag war der emeritierte Augsburger Bischof Konrad Zdarsa angereist, um mit den Teilnehmenden die Hl. Messe zum Abschluss zu feiern. Der Gebärdenchor aus dem Bistum Erfurt und die tauben Personen, die liturgische Dienste übernahmen, sorgten dafür, dass die Menschen aus der Gebärdensprachkultur sich in der Kirche wirklich zu Hause fühlten. Ein bewegender Moment ergab sich, als die taubblinden Personen mit dem Ehepaar Hepp zum VaterUnser einen Kreis bildeten und dies in buchstäblich fühlbarer Verbundenheit im Glauben untereinander gemeinsam beteten. Bischof Zdarsa ermutigte die gehörlosen Christ/-innen, ihren Weg im Glauben an den dreifaltigen, uns seine Nähe schenkenden Gott weiter zu gehen. Eine eigens gestaltete Kerze, die es zum Abschluss gab, soll alle an die bewegenden Momente in Cottbus erinnern.

Es gehört viel Organisation zu einem solchen Tag: Die Verantwortlichen im Bistum Görlitz haben „ganze Arbeit geleistet“ – wie auch Bischof Zdarsa und der evangelische Pfarrer Fourestier, der als kompetenter Gebärdensprachdolmetscher weite Teile der Veranstaltung übersetzt hat. Ein unvergessliches Glaubensfest ganz eigener Art klang am späten Nachmittag auf dem Gelände des St.-Johannes-Hauses aus – in der Hoffnung, sich in nicht allzu ferner Zukunft wiederzusehen.

Fotos + Text: Peter Brinker

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