Firmfahrt mal anders
Ökumenische Reise der Firmlinge und Konfirmanden aus Kahla ins italienische Castelnovo 'ne Monti
Kahla/Castelnovo 'ne Monti (Italien). Seit 2021 verbindet die Kleinstadt Kahla in Thüringen eine Partnerschaft mit dem italienischen Castelnovo 'ne Monti, deren Anlass allerdings in eine schreckliche Epoche führt. Im Kriegsjahr 1944 werden in der italienischen Kleinstadt im Apennin Männer unter dem Vorwand der Erteilung eines Passierscheines ins deutsche Besatzungsquartier bestellt, in Güterwaggons verfrachtet und zur Zwangsarbeit in die Reimahg-Werke in Kahla gebracht. Viele von ihnen sterben durch die unmenschlichen Bedingungen. Nach 1989 begannen Familien aus Castelnovo 'ne Monti, in Kahla nach den Gräbern ihrer Väter und Söhne zu fragen. Daraus entstanden Partnerschaftskreise und regelmäßige Besuche.
Pfarrerin Elisabeth Wedding von der evangelischen und Pfarrer Bertram Wolf von der katholischen Gemeinde leiten den jährlichen ökumenischen Gedächtnisgottesdienst auf dem Friedhof in Kahla und kamen auf die Idee, gemeinsam eine Fahrt mit den Konfirmanden und Firmlingen nach Italien zu unternehmen. Dieser ökumenische Beitrag zur Städtepartnerschaft fand vom 6. bis 12. Oktober 2024 statt. Was haben die 11 Jugendlichen, 2 Theologiestudierende und Pfarrer erlebt?
Empfang beim Bürgermeister
Paula fand den Begrüßungsempfang beim Bürgermeister mit grün-weiß-roter Schärpe beeindruckend, Sonja die Möglichkeit zum Fußballspielen im Jugendzentrum „Oratorio“. Valentina denkt gern zurück an die Schnitzeljagd mit den italienischen Jugendlichen vom PMG durch Castelnovo. Dort hatte uns vorher Matthias Duchfeld vom Istoreco die Stolpersteine und ihre Geschichten erläutert. Obwohl für die Gastgeber nach dem Ende ihrer dreimonatigen Sommerferien leider wieder die Schule begonnen hatte, kam es doch zu zahlreichen Begegnungen. Im Comic Club der Bibliothek erzählten Linda und Veronica, wie Staat und Kirche in Italien aktuell zusammenarbeiten. Ein gemeinsames „Nerd-Rätsel“ und der Austausch über verschiedene Franchise-Unternehmen begeisterten vor allem Johannes. Zwei ältere Herren - Enrico und Dino - zeigten uns das Dorf Gombio und erzählten uns Partisanen-Geschichten.
Kulinarisch waren unsere Gastgeber unschlagbar. Eine Mahlzeit reichte drei Tage. Bei den vielen Informationen tat es gut, mit Petra am letzten Tag auch etwas tun zu können. Wir sammelten Esskastanien. Dann wurde Feuer gemacht und die Maronen geröstet, um gleich darauf verspeist oder als Mitgebringsel in kleine Säckchen gepackt zur werden. Höhepunkt im wahrsten Sinn waren die 1041 Meter auf dem Bismantova, die Paul begeisterten, als wir nach mühsamem Aufstieg mit dem örtlichen Alpinclub endlich oben waren.
Gottesdienste und gemeinsames Nachdenken über die Zukunft
Taufe, Buße und Eucharistie wurden ökumenisch bedacht und gelebt. Das eindrucksvolle Baptisterium in Parma mit seinen mittelalterlichen Wimmelbildern, der Bußgang nach Canossa mit einer Besinnungszeit und die beiden Gottesdienste – einmal als Heilige Messe mit der Gemeinde in Castelnovo und der evangelische Gruppengottesdienst mit Pfarrerin Wedding – waren intensive Erlebnisse.
Sogar einen Blick in die Zukunft gönnten wir uns mit einem Planspiel. Welche Werte brauchen wir in Europa? Die 12- bis 14-Jährigen legten sich nach zweistündiger und lebhafter Diskussion und Abstimmung fest: Vernetzung auf Länderebene, Gleichberechtigung, Menschen- und Bürgerechte, Meinungsfreiheit und Gerechtigkeit.
Mit den Begegnungen und Erlebnissen dieser Oktobertage ist davon schon etwas wahr geworden.
Text: Johannes Schubert/Pfr. Bertram Wolf
Fotos: Pfr. Bertram Wolf
Die ökumenische Jugendbegegnung wurde vom KJP der Bundesregierung und vom Fond Pastorale Projekte des Bistums Dresden-Meißen gefördert.