„Investition, an der man eigentlich nicht vorbeikommt“
Öffentliche Diskussionsrunde zum Neubau Propst-Beier-Haus mit Ordinariatsumzug
Dresden. Das Bistum Dresden-Meißen hat am gestrigen 21. April zu einem öffentlichen Informationsabend mit Meinungsaustausch eingeladen. Thema der dreistündigen Zoom-Konferenz, die über Youtube auch öffentlich übertragen wurde, war der angedachte Abriss des baufälligen Propst-Beier-Hauses in der Schweriner Straße in Dresden. Zuletzt hatten in diesem Gebäude unter anderem die Dresdner Caritas und die Liga-Bank ihren Sitz. Planungen sehen vor, auf dem zentrumsnah gelegenen kircheneigenen Grundstück einen Nachfolgebau zu errichten.
In einem Teil des Gebäudes könnten dann das Bischöfliche Ordinariat mit Büros, Registratur und einem Veranstaltungsbereich Platz finden. Kay Gräbert, Abteilungsleiter Bau und Liegenschaften, brachte dabei eine häufig geäußerte Vermutung zum Ausdruck: „Wer baut, hat Geld.“ Das Bistum allerdings wolle durch die Investition langfristig Geld sparen. Beim Nachfolgebau des Propst-Beier-Hauses sei neben einer Nutzung von knapp 70 Prozent des Gebäudes als Bischöfliches Ordinariat auch ein großer Teil zur Vermietung als Büroeinheiten und Wohnungen vorgesehen. Daneben solle das Haus eine Kapelle erhalten. Über die Mittelfreigabe für den Neubau entscheiden die Mitglieder des Bistums-Vermögensverwaltungsrats, die ebenfalls an dem Hearing teilnahmen.
Die Bistumsleitung um Bischof Timmerevers und Generalvikar Kutschke informierte an dem Abend zum Projekt, stellte sich den Fragen und gab Raum für Anregungen, Ideen und Kritik. Corona-bedingt fand die Gesprächsrunde mit Vertreterinnen und Vertretern der unterschiedlichsten kirchlichen Gremien und Bereiche online als Zoom-Konferenz statt und wurde auf der Bistumshomepage und dem Youtube-Kanal des Bistums ausgestrahlt. Die Diskussionsrunde und Informationen zum Projekt sind weiterhin über die Homepage des Bistums abrufbar.
Hier der Mitschnitt des Zoom-Hearings:
Das Bischöfliche Ordinariat am Käthe-Kollwitz-Ufer
Das derzeitige Bischöfliche Ordinariat am Käthe-Kollwitz-Ufer 84 in Dresden stammt aus dem Jahr 1980. Das Gebäude weist deutliche Defizite und einen spürbaren Sanierungsstau auf. Modernisierungen sind vor allem mit Blick auf Barrierefreiheit, auf die ökologische Bilanz des Hauses inklusive Wärmedämmung und Sonnenschutz sowie mit Blick auf die begrenzte Bürofläche nötig. Bereits heute sind Diensträume einzelner Verwaltungsbereiche neben dem Hauptgebäude in zwei nahegelegenen Häusern untergebracht. Es herrscht akuter Mangel an Besprechungs- und Büroräumen. Der Zuschnitt des Hauses wird den in den letzten Jahrzehnten in vielen Bereichen gestiegenen Aufgaben einer kirchlichen Verwaltung kaum noch gerecht.
Liegenschaftsverwalterin Veronika Hilbig gab zum Informationsabend mit einer Fotoschau Einblick in die Problemzonen des Hauses: Angefangen vom beengten Pfortenbereich über verschlissene Rohrleitungen im Keller bis hin zu Wassereinbrüchen auf Dach und Kellertreppe. Für Bischof Heinrich zeigt sich die anstehende Entscheidung über die Arbeitssituation der Bischöflichen Verwaltung als „eine enorme Last und Herausforderung, die wir da vor uns haben“. Es werde bei einem im Bistum so emotional besetzten Thema schwierig werden, eine Lösung zu finden, „die alle zufrieden stellt“. Er erinnerte zugleich an die berechtigten Anforderungen an eine funktionierende Verwaltung. Der Bischof: „Ich erwarte von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass sie eine gute Arbeit machen. Im neuen Gebäude werden etwa 60 Mitarbeitende ihren Sitz haben. Ich wünsche meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Arbeitsplatz, an dem sie gerne sind. Und das hat auch einen Effekt für die Menschen, denen sie zu Diensten sind.“ Zugleich bleibe erkennbar „sehr viel tun für die Kommunikation dieses Projektes“.
Das Propst-Beier-Haus auf der Schweriner Straße
Jens Ritschel, als Hausmeister für das Propst-Beier-Haus zuständig, schilderte die Baufälligkeit des Anfang der 80er Jahre errichteten Gebäudes: Keinerlei Dämmung, undichte Regenrinnen, sanierungsbedürftige Fenster. Um das enge Treppenhaus durch einen weiteren Fluchtweg zu ergänzen, führt aus einem Fenster ein Notausgang über ein Dach zu einer Fallleiter – für Menschen mit Gehbehinderungen ein Problem.
Die Alternativen für eine Zukunft des Ordinariats
Kay Gräbert, Abteilungsleiter Liegenschaften, stellte mit Blick auf eine Lösung für das Bischöfliche Ordinariat ausführlich drei alternative Handlungsoptionen dar: Sanierung des gegenwärtigen Objektes, Anmietung von Räumlichkeiten oder Neubau. Während Mieten bei einem Platzbedarf von errechneten 4.400 m² künftig jährlichen mit einer Gesamtbelastung von 195.000 Euro zu Buche schlagen würden, betragen die gleichen Kosten bei einem Neubau „auf der grünen Wiese“ 186.000 Euro, beim Bau auf der Schweriner Straße 118.000 Euro. Gegen eine Sanierung des Ordinariats am gegenwärtigen Standort sprächen massive Einschränkungen mit Blick auf den benötigten Platzbedarf. Kay Gräbert bezeichnete daher einen Neubau am Standort Schweriner Straße als „beste Option“. Versucht werde, effektiv zu bauen, die vorhandene Fläche zu nutzen und Mehrflächen zu vermieten.
Laut Jan Zähringer, Leiter der Finanzabteilung des Bischöflichen Ordinariats, solle ein möglicher Neubau aufgrund der vorhandenen Finanzreserven aus eigenen Mitteln gestemmt werden. Darüber entscheide letztlich jedoch der Vermögensverwaltungsrat des Bistums. An Planungskosten wurden bislang gut 2 Millionen Euro in das Projekt investiert. Ein durchaus hoher Betrag, der mit Blick auf die anstehende Beschlussfassung allerdings Planungssicherheit bei einem konkreten Bau garantieren solle. Kay Gräbert: „Die Planung war teuer, ist aber wichtig für eine gute Entscheidung.“
Der geplante Neubau
Architekt Carsten Otto von O+M Architekten in Dresden stellte die Pläne für einen Neubau des Propst-Beier-Hauses in Dresden vor. In einem zweistufigen Verfahren hatte das Architekturbüro den Zuschlag zur Entwurfsgestaltung erhalten, die „mit dem Stadtplanungsamt abgestimmt“ sei. Er zeigte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Ansichten des geplanten Gebäudes. Carsten Otto: „Eine selbstbewusste Architektur, die sich in den Stadtraum einfügt, eine zurückhaltende Anmutung hat und mit der Kapelle auch etwas Besonderes besitzt.“ Eine kleine Freifläche vor dem Haupteingang soll Raum zur Begegnung ermöglichen, hier wäre auch der Eingang zur kleine Kapelle des Hauses platziert, die das Architekturbüro als „‘Eckstein‘ des Hauses“ mit großer Holz-Eingangstür und Rosenfenster konzipiert hat. Während der Gottesdienstraum in der Außenansicht wie das Haus kantig auftritt, präsentiert sich die Innenansicht in weichen, geschwungenen Formen.
Eine Tiefgarage soll für eine beschränkte Zahl an PKW-Stellplätzen zur Verfügung stehen, für Fahrräder sind großzügige Abstellmöglichkeiten vorgesehen. Das Haus umschließt einen kleinen Garten, der ein Zentrum des neuen Gebäudes werden soll. Innerhalb des Hauses ist eine Trennung der beiden Gebäudeteile in Ordinariats- und Fremdvermietungsteil eingeplant. Rund 6.300 Quadratmeter Fläche soll das Haus insgesamt besitzen, davon stehen für das Ordinariat 4.400 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. Nachhaltigkeit wurde als wichtiger Aspekt des Baus genannt, etwa mit einer Dachbegrünung, Regenwasser-Speicherung und Flexibilität bei zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten. Laut Architekt Otto sei eine Sachverständige für nachhaltiges Bauen frühzeitig eingebunden gewesen. Ziel des Ordinariats sei es gewesen, an den richtigen Stellen zu den richtigen Entscheidungen zu kommen. Nach Möglichkeit würden mineralische Baustoffe und Holz gewählt, auf Kunststoffe und PVC solle hingegen weitgehend verzichtet werden.
Die Diskussion
Die Fragen unter den rund 60 live zugeschalteten Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmern, darunter Priester, Gremienvertreter, Ordinariatsmitarbeiter und andere kirchlich Engagierte, reichten von der Sorge um Lärmschutz und Abstellmöglichkeiten über Gedanken zur Nutzung von Homeoffice-Alternativen bis hin zu Statik-Sorgen bei Einrichtung der Registratur im Dachgeschoss des Hauses.
Pfarrer Ralph Kochinka aus Auerbach warf die Frage auf, warum nicht kleiner geplant werde? Aus Sicht der Pfarreien müsse vor Ort in der Region oft geschrumpft werden, „und dort wird aufgestockt“. Für Pfarrer Kochinka schwer nachvollziehbar. Generalvikar Kutschke begründete die gestiegene Zahl der Verwaltungsmitarbeitenden mit den heutigen Anforderungen an eine Verwaltung, die neu hinzugekommen oder mit höherer Professionalität betrieben werden müssten – etwa mit Blick auf Missbrauchs-Prävention, IT oder Datenschutz.
Teilnehmer dankten allerdings auch für die Transparenz der Darstellung und die Möglichkeit, darüber sprechen zu können. Für Thomas Linz zeigte sich der Handlungsbedarf „nachvollziehbar“. Mehr Zweifel hegte er allerdings mit Blick auf tatsächlichen Flächenbedarf und Nachhaltigkeitsgedanken bei zwei aufgegebenen Gebäuden. Vor allem die „Symbolwirkung“ eines solchen Neubaus sei fragwürdig, „ob man in dieser Zeit, in der massiv gespart werden muss, in ein solches Vorhaben investieren sollte.“
Kay Gräbert legte dar, dass man ein 40 Jahre altes Gebäude normalerweise nicht abreißen müsse. Am Käthe-Kollwitz-Ufer sei die Bau-Option allerdings nicht vorhanden. Bei einem Verkauf könnte ein Nachkäufer das bestehende Gebäude auf neue Weise nutzen. In der Schweriner Straße sei das hingegen anders. Hier sei die Substanz derart schlecht, dass nur der Abriss als sinnvolle Option in Frage käme. Die Baukostenberechnung sei „nach bestem Gewissen“ erfolgt und beinhalte auch noch eine kleine Reserve.
Entscheidung fällt im Diözesanverwaltungsrat
Diözesanökonom Kyrill von Twickel stellte den erwarteten Einbruch der Finanzsituation und der Gläubigenzahlen vor Augen. „Wir wissen um die Spannungen, die da sind. Umso wichtiger ist, dass wir nicht nur gut gemeinte, sondern gut gekonnte Entscheidungen treffen.“ Die Gremien müssten sich dabei gut beraten lassen, „welche Entscheidung die wirtschaftlichste für die Zukunft ist, um für Pfarreien, Pastoral, Caritas und Personal einen möglichst hohen Spielraum in den Haushalten der Zukunft zu erhalten.“ Zugleich betonte er, diese Entscheidung falle im Diözesanvermögensverwaltungsrat, „dort haben Bischof, Generalvikar, Diözesanökonom und Justitiar kein Stimmrecht“. Generalvikar Kutschke: „Wir drängeln uns nicht um diese Entscheidung. Aber die Bedarfe werden immer größer, nicht kleiner.“
Dekan Marcus Hoffmann aus Plauen im Vogtland erinnerte als Teilnehmer der Diskussionsrunde an die ureigenen Aufgaben der Kirche: „Gibt es dafür auch ein Budget?“ Zugleich äußerte er seine Sorge um Menschen, die wir verlieren werden durch eine solche Entscheidung.
Manfred Evens – Mitglied der Dompfarrei und des Katholikenrats – zeigte Verständnis für die vorgelegten Entwürfe. Er nannte die Planungen eine „Investition, an der man eigentlich nicht vorbeikommt“. Er ermutigte das Bistum „Argumente weiter aufzubauen“ und unter den Gläubigen der Pfarreien dafür zu werben, „dass das etwas extrem Nachhaltiges ist“. Eine „Investition in die Zukunft – aber streng unter Kontrolle halten“.
Juliana Schneider vom Dresdner Caritasverband stellte in Aussicht, mit einem Teil der Caritas wieder gerne am Standort Schweriner Straße einziehen zu wollen. Martina Breyer, Vorsitzende des Katholikenrats des Bistums, fragte: „Welche Botschaft sendet dieses Haus? Uns steht es gut an, wenn man sieht, dass es nicht nur ein kaltes Verwaltungsgebäude ist, sondern dass es ein belebtes Haus für die Menschen wird. Dann hätten wir auch bei der Frage der Akzeptanz ganz andere Zustimmung zu erwarten.“
Der Vermögensverwaltungsrat des Bistums wird sich am Freitagabend mit der Neubaufrage befassen. Das Gremium hat allerdings auch die Möglichkeit, die Entscheidung zu verschieben.
Michael Baudisch
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