Menü
Bistum Dresden Meissen
25. Januar 2021

Jugendliche haben ein Recht auf Jugend!

Ökumenische Hauptberuflichentagung der Jugendarbeit

Ökumenische Hauptberuflichentagung der Jugendarbeit vom 19. bis 21. Januar 2021 analysiert Situation junger Menschen in der Pandemie

Mehr als 100 Jugendmitarbeiterinnen und Jugendmitarbeiter der katholischen und evangelischen Jugendarbeit in Sachsen und Ost-Thüringen trafen sich in der vergangenen Woche digital zu ihrer gemeinsamen Jahrestagung. Inhaltlicher Schwerpunkt waren die Auswirkungen der gegenwärtigen Corona-Pandemie auf die Lebenssituation junger Menschen und die Frage, welche Rolle der Jugendarbeit in diesem Kontext zukommt.

Prof. Dr. Gunda Voigts von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg legte mit ihrem Vortrag die Grundlage der Diskussion und inhaltlichen Arbeit am Thema. Sie machte deutlich, dass die Perspektiven und Bedürfnisse von Jugendlichen in den bisherigen Diskursen zur Pandemie zu kurz kommen. Gerade im Jugendalter brauchen Heranwachsende Handlungs-, Erfahrungs- und Entscheidungsräume. In der politischen Diskussion würde stattdessen oft ein einseitiges und nicht selten verzerrtes Bild dieser Zielgruppe gezeichnet. „Alle Jugendlichen haben ein Recht auf Jugend!“, sagte Frau Prof. Voigts mit Blick auf junge Menschen in ihren unterschiedlichen sozialen Lebenslagen.

Ihre Ausführungen konnten die Teilnehmenden in den nachfolgenden Diskussionsrunden mit ganz konkreten Erfahrungen aus der eigenen Arbeit belegen. So stellte die Leipziger Dekanatsjugendreferentin Jasmin Hack fest: „Die soziale Ungleichheit verschärft sich.“ Und Wolfram Alber, Jugendwart im Kirchenbezirk Bautzen-Kamenz, sagte: „Wenn über Jugendliche geredet wird, werden sie ausschließlich in ihrer Funktion als Schülerinnen und Schüler wahrgenommen.“

Für die Verantwortlichen in der Jugendarbeit und Expertinnen und Experten für die Lebenslagen junger Menschen kristallisierten sich während der Tagung folgende Schlussfolgerungen heraus:

  • Gesellschaftspolitischen Entscheidern muss bewusst gemacht werden, dass die Peergroups Jugendlicher – der Freundeskreis, andere Gleichaltrige, Gleichgesinnte – für diese genauso wichtig sind wie Familie. „Eine zentrale Entwicklungsaufgabe Jugendlicher ist es, sich zunehmend eigenverantwortlich in Gesellschaft zu bewegen und einen eigenen Standpunkt zu entwickeln. Das geht nicht ohne soziale Kontakte zu Menschen außerhalb der eigenen Kernfamilie“, betonte Daniela Pscheida-
    Überreiter, Leiterin des Fachbereichs Kinder und Jugend im Bistum Dresden-Meißen. Deshalb muss Begegnung untereinander in anderer Weise als bei Erwachsenen möglich sein.
  • Partizipation und Mitbestimmung ist ein Grundsatz von Jugendarbeit und demokratisches Prinzip. Derzeit erleben Jugendliche vor allem, dass über sie entschieden wird, nicht mit ihnen. Das ist frustrierend und verkennt das Potenzial der jungen Menschen. Jugendliche und ihre jugendpolitischen Vertretungen müssen wieder konsequent in Entscheidungsprozesse einbezogen werden.
  • Jugendliche erleben die gegenwärtige Situation oft als verlorene Zeit. Beispielhaft dafür stehen die vielen Mädchen und Jungen in den Freiwilligendiensten. Jugendliche sind jedoch durchaus in der Lage, verantwortungsvoll mit der Situation umzugehen, und wollen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten einbringen. Der Rahmen dafür muss wieder geweitet werden, um Engagement und Selbstfindung zu ermöglichen, denn: Jugendzeit ist nicht nachholbar!
  • Die Hauptberuflichen in der Jugendarbeit sehen es als ihre vordringliche Aufgabe, die jungen Menschen auf alle nur irgend mögliche Weise zu begleiten und an ihrer Seite zu stehen. Sie wollen Jugendliche unterstützen, sich kreativ und mutig der Situation zu stellen. Digitale Kontakte sind keine adäquate Alternative. Landesjugendpfarrer Georg Zimmermann sagte dazu: „Es ist ein Trugschluss zu meinen, dass Kinder und Jugendliche aufgrund ihrer Fähigkeiten, in den sozialen Netzwerken unterwegs zu sein, weniger unter der verordneten Einsamkeit leiden als ältere Menschen.“

Zum Abschluss der Tagung gaben die beiden Bischöfe Heinrich Timmerevers und Tobias Bilz zwei Impulse zu einer geistlichen Einordnung der Pandemie. Bischof Heinrich Timmerevers lenkte den Blick der Teilnehmenden unter anderem darauf, die direkte Lebenswirklichkeit der Einzelnen nicht aus dem Blick zu verlieren. Es ist ohne Einschränkungen möglich, so Timmerevers, dabei Zeichen der menschlichen und göttlichen Liebe zu setzen. Landesbischof Tobias Bilz machte auf die Widersprüchlichkeit der Pandemie aufmerksam. „Corona macht uns gleich und wird doch von jedem anders erlebt.“ Es könne daher keine allgemeingültigen Deutungen geben – auch von Seiten der Kirchen oder kirchlicher Vertreter/-innen nicht. Im Blick auf die Jugendarbeit gibt er den Teilnehmenden auf den Weg, Jugendliche zu ermutigen, ihre ganz persönlichen Deutungen zu finden und dabei den Glauben als eine Kraftquelle zu nutzen.

Bildergalerie